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Das materielle Grundstücksrecht wird vom Grundsatz der Bestimmtheit der dinglichen Rechte beherrscht. Diesem materiellen Grundsatz entspricht der Verfahrensgrundsatz, dass das Grundbuchamt nur klare und eindeutige Eintragungsunterlagen verwenden darf.[14] Der Grundsatz wird durch die Möglichkeit der Auslegung gemildert (vgl. Rdn 75 ff.).

Der Bestimmtheitsgrundsatz ist nicht bei allen dinglichen Rechten gleich streng ausgeprägt: Während die §§ 1113 Abs. 1, 1191 Abs. 1, 1199 Abs. 1 BGB bei Grundpfandrechten eine "bestimmte Geldsumme"[15] verlangen, genügt bei Reallasten die "Bestimmbarkeit".[16] Bei Dienstbarkeiten können wirtschaftliche oder technische Veränderungen[17] oder normale Bedürfnissteigerungen[18] zu einer Änderung oder Erweiterung des dinglichen Inhalts führen. Die Bestimmung des Ausübungsortes einer Dienstbarkeit kann auch durch die tatsächliche Ausübung bestimmt werden,[19] und zwar ohne dass bestimmte Konstellationen (z.B. wegen einer "essentiellen Bedeutung" des Ortes[20]) eine vertragliche Vereinbarung erfordern.[21] Auch im Hypothekenrecht wird die Zinsänderung innerhalb des eingetragenen Höchstbetrages nicht als Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz angesehen.[22] Nach Einführung eines variablen Verzugszinses durch § 288 Abs. 1, 2 BGB ist selbst die Angabe eines Höchstzinssatzes entbehrlich (siehe auch § 7 Einl. Rdn 20).[23] Bei Vormerkungen haben sich die Bestimmtheits- oder Bestimmbarkeitsanforderungen in der Regel nicht am vorgemerkten Anspruch, sondern an dem durch die Vormerkung vorbereiteten Recht zu orientieren (siehe § 6 Einl. Rdn 31).[24]

[14] BGHZ 73, 211, 214 ff. = Rpfleger 1979, 56 f.
[15] MüKo-BGB/Lieder, § 1113 Rn 38 ff.
[16] BGHZ 22, 54, 58; MüKo-BGB/Mohr, § 1105 Rn 29.
[17] BGH DNotZ 1989, 562, 564.
[18] BayObLGZ 1959, 478, 484.
[19] BGHZ 90, 181; BGH DNotZ 2002, 721 = Rpfleger 2002, 511.
[20] OLG Hamm OLGZ 1967, 456, 459; KG DNotZ 1973, 373, 375; OLG Celle NdsRpfl. 1978, 57; LG Aachen MittRhNotK 1981, 110; OLG Hamm OLGZ 1981, 270, 272 f.; OLG Celle NdsRpfl. 1982, 198, 199; Bauer/Schaub/Bayer, GBO, AT C Rn 257 m.w.N.; offen gelassen von BGH Rpfleger 1981, 286; DNotZ 2002, 721, 723.
[21] Dümig, DNotZ 2002, 725, 727.
[22] BGHZ 35, 22, 26; BGH DNotZ 1963, 436; Rpfleger 1975, 296; KG Rpfleger 1971, 316.
[23] BGH NJW 2006, 1341 = DNotZ 2006, 526 = Rpfleger 2006, 313; LG Traunstein MittBayNot 2004, 440, 441; LG Schweinfurt Rpfleger 2004, 622; OLG Hamm DNotJ-Report 2005, 198; Wolfsteiner, MittBayNot 2003, 295; Böhringer, Rpfleger 2004, 623; a.A. früher SchlHOLG MittBayNot 2003, 295; OLG Celle DNotJ-Report 2004, 202.
[24] Zu den Anforderungen an die Bestimmbarkeit der Lage der Flächen, an denen Sondernutzungsrechte bestellt werden sollen OLG Saarbrücken MittBayNot 2005, 43.

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