Rz. 43
Ob das Grundbuchamt im Rahmen der Prüfung der Eintragungsfähigkeit eines Rechtes auch die Zulässigkeit allgemeiner Geschäftsbedingungen prüfen darf, ist umstritten. Die Meinungen im Schrifttum reichen von der gänzlichen Ablehnung oder zumindest einer Beschränkung der Kontrolle durch das Grundbuchamt auf Ausnahmefälle aus Sorge um die Sicherheit und Schnelligkeit des Grundbuchverfahrens bis zur Bejahung einer uneingeschränkten und zum Teil über den Gesetzeswortlaut hinausgehenden Kontrollpflicht des Grundbuchamts. Die Rechtsprechung hatte sich bisher fast nur mit Fällen der Bestellung von Grundpfandrechten zu befassen, vereinzelt auch mit Fällen der Begründung von Wohnungs- und Teileigentum. Zur Gemeinschaftsordnung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sieht der BGH jedoch grundsätzlich keinen Anwendungsbereich für eine AGB-Kontrolle.
Rechtsprechung und Literatur zur AGB-Kontrolle haben weit mehr als bei früheren Anlässen (z.B. zu § 1365 BGB) zur Klärung vieler Zweifelsfragen der Aufklärungs- und Prüfungspflicht des Grundbuchamts beigetragen. Sie haben deshalb für Umfang und Grenzen der im Gesetz nicht geregelten Pflichten des Grundbuchamts über den aktuellen Anlass hinaus auch für die Zukunft eine große Bedeutung. Die zweifellos vorhandenen Verstöße gegen die §§ 305 ff. BGB und andere Vorschriften (z.B. §§ 138, 242 BGB) können aber meist nicht im Grundbuchverfahren, sondern erst später bei der Ausübung des eingetragenen Rechts beanstandet oder verhindert werden.
Rz. 44
Das Anwendungsgebiet der §§ 305 ff. BGB im Sachenrecht ist beschränkt. Denn die Normen sind trotz der Inkorporation in das BGB materiell-rechtliche Sondervorschriften zur Verhinderung des Missbrauchs der vom Klauselverwender allein in Anspruch genommenen Vertragsgestaltung und sind nur auf den der Vertragsfreiheit zugänglichen Inhalt dinglicher Rechte anwendbar. Ist eine Regelung bereits nach §§ 134, 138 BGB unzulässig oder widerspricht ein Rechtsinhalt dem numerus clausus der Sachenrechte, ergibt sich bereits hieraus die Unzulässigkeit einer Grundbucheintragung. Deshalb können und müssen auf eine nach § 134 oder § 138 BGB nichtige Einigung die §§ 305 ff. BGB nicht angewandt werden. In den der AGB-Prüfung unterliegenden Fällen geht es weniger um die Fragen der Eintragungsfähigkeit der Grundbucheintragung als solcher, sondern darum, ob das Grundbuch durch die Eintragung eines nach den §§ 305 ff. BGB "unwirksamen" oder "teilweise unwirksamen" Rechts unrichtig werden würde (§ 894 BGB) oder ob und wie später die Ausübung des wirksam eingetragenen Rechts verhindert werden kann.
Rz. 45
Für die AGB-Kontrolle im Grundbuchverfahren gelten die allgemeinen Normen und Grundsätze des Grundbuchverfahrensrechts, denn die §§ 305 ff. BGB enthalten keine besonderen Grundbuchvorschriften.
Rz. 46
Die AGB-Kontrolle gehört nur dann zu den Pflichten des Grundbuchamts, wenn es im Einzelfall aufgrund konkreter Anhaltspunkte berechtigte Zweifel hat, ob es wegen einer zu befürchtenden Grundbuchunrichtigkeit die Eintragung verweigern muss. Eine Antragszurückweisung (nach Zwischenverfügung) ist nur zulässig, wenn das Grundbuchamt weiß, dass eine AGB vorliegt und das Grundbuch durch die Eintragung im Anwendungsbereich des § 20 GBO vorübergehend und im Anwendungsbereich des § 19 GBO dauernd unrichtig würde. Die AGB-Kontrolle kann das Grundbuchamt bei der Notwendigkeit der Vornahme von Wertungen (§§ 307, 308 BGB) vor beträchtliche Schwierigkeiten stellen; daher ist sie in solchen Fällen grundsätzlich dem Prozessgericht zu überlassen.
Rz. 47
Praktische Bedeutung hat die AGB-Kontrolle im Grundbuchverfahren nur, wenn formularmäßige Klauseln Bestandteil der Bewilligung (§ 19 GBO) sind, am ehesten denkbar bei Verstößen gegen § 309 BGB im Rahmen von Grundschuldbestellungen, eingeschränkt bei Verstößen gegen § 308 BGB und nur in extremen Ausnahmefällen bei Verstößen gegen § 307 BGB. Wegen des § 305c Abs. 2 BGB bedarf das Grundgeschäft und folglich auch die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des schuldrechtlichen Anspruchs durchweg keiner Prüfung. Die Voraussetzungen einer AGB-Prüfung können vorliegen bei der Eintragung von Regelungen nach §§ 10 ff. WEG (siehe § 3 Einl. Rdn 96 ff.) und von Vereinbarungen nach § 2 ErbbauRG (siehe § 3 Einl. Rdn 176 ff.); sie sind vermeidbar bei formularmäßig bestellten Hypotheken durch den Vermerk eines Widerspruchs gem. § 1157 BGB. Insbesondere Sicherungsgrundschulden (siehe § 7 Einl. Rdn 59 ff.) werden durchweg formularmäßig bestellt, eine AGB-Kontrolle beschränkt sich dabei aber auf den dinglichen des abstrakten Rechts. Eine AGB-Prüfung kommt ferner in Betracht, wenn im Rahmen von AGB eine Vollmacht erteilt wurde, wobei die Prüfungskompetenz des Grundbuchamts auf offensichtliche Unwirksamkeitsgründe beschränkt ist; eine offensichtliche Unwirksamkeit nach § 308 Nr. 4 BGB liegt in der Regel nicht vor, wenn eine nach außen unbeschränkte Vollmacht ausreichenden Bindungen im Innenverhältnis u...