Alexander C. Blankenstein
Zusammenfassung
Nach der Bestimmung des § 24 Abs. 6 WEG sind die in der Wohnungseigentümerversammlung gefassten Beschlüsse in eine Niederschrift (Protokoll) aufzunehmen. Diese ist von dem Vorsitzenden bzw. Versammlungsleiter und einem Wohnungseigentümer und, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, auch von dessen Vorsitzenden oder seinem Vertreter zu unterschreiben. Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, die Niederschriften einzusehen. Die Verpflichtung zur Erstellung der Versammlungsniederschrift besteht unabhängig von der weiteren in § 24 Abs. 7 WEG geregelten Verpflichtung, die verkündeten Beschlüsse unverzüglich in die Beschluss-Sammlung aufzunehmen.
1 Grundsätze
1.1 Wesen und Zweck
Die Versammlungsniederschrift dient dem Informationsinteresse der Wohnungseigentümer – insbesondere der in der Versammlung nicht anwesenden – und ihrer Rechtsnachfolger. Möglichst lückenlos soll insoweit die Rechtslage der Gemeinschaft neben den Bestimmungen der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung und etwa weiter existierenden Vereinbarungen der Wohnungseigentümer transparent gemacht werden. Gerade weil Beschlüsse gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 WEG nicht in das Grundbuch eingetragen werden und ohne entsprechende Eintragung Rechtswirkungen für und gegen Rechtsnachfolger entfalten, muss ein entsprechendes Informationsmedium zur Verfügung stehen.
1.2 Verhältnis zur Beschluss-Sammlung
- Die Versammlungsniederschrift ist entsprechend der Regelung zur Beschluss-Sammlung ebenfalls unverzüglich zu erstellen.
- In die Beschluss-Sammlung sind keine Geschäftsordnungsbeschlüsse einzutragen, während sie in die Versammlungsniederschrift zwingend aufzunehmen sind.
- Die Beschluss-Sammlung dient insbesondere als Informationsmedium für die im Umlaufverfahren des § 23 Abs. 3 WEG gefassten Beschlüsse. Mangels Versammlung können diese nämlich auch nicht in eine Versammlungsniederschrift aufgenommen werden.
- Die Beschluss-Sammlung dient der umfassenden Information über die Rechtslage innerhalb der Gemeinschaft, weshalb neben den Beschlüssen auch die Urteilsformeln der gerichtlichen Entscheidungen in Verfahren des § 43 WEG einzutragen sind.
1.3 Beweiswert
Die Versammlungsniederschrift stellt eine Privaturkunde i. S. v. § 416 ZPO dar. Die Unterzeichnung des Protokolls beweist also nicht die Richtigkeit des Inhalts der Niederschrift, sondern lediglich, dass die Niederschrift von demjenigen stammt, der sie erstellt hat.
Allerdings kommt der Versammlungsniederschrift ein indizieller Beweiswert zu, der im Rahmen streitiger Auseinandersetzungen eine Umkehr der Beweislast bewirken kann.
Dies gilt allerdings nur dann, wenn die Niederschrift von den in § 24 Abs. 6 Satz 2 WEG Genannten unterzeichnet ist.
Der indizielle Beweiswert kann durch Anhörung oder Zeugeneinvernahme der Wohnungseigentümer jedoch beseitigt werden.
Widerspruch zwischen Niederschrift und Beschluss-Sammlung
Streitig ist der Beweiswert der Niederschrift im Fall eines Widerspruchs zur Beschluss-Sammlung.
Beschluss gefasst oder nicht?
In der Beschluss-Sammlung ist ein Beschluss als verkündet eingetragen, wohingegen in der Niederschrift festgehalten ist, dass ein Beschluss nicht gefasst ist.
In diesem Fall wird einerseits vertreten, der Niederschrift komme kein erheblicher Beweiswert zu,
andererseits wird das Gegenteil vertreten.
Die erstgenannte Auffassung dürfte unzutreffend sein, denn die Beschluss-Sammlung wird letztlich (nur) vom Verwalter bzw. seinen Mitarbeitern geführt. Während dies bei der Versammlungsniederschrift ebenfalls der Fall ist, erfolgt hier aber eine weitere inhaltliche Kontrolle, was durch die Unterschriften der in § 24 Abs. 6 Satz 2 WEG Genannten bestätigt wird.
Keine Genehmigungsbeschlussfassung
Ein Beschluss, mit dem die Wohnungseigentümer die Niederschrift einer vorangegangenen Wohnungseigentümerversammlung genehmigen, widerspricht im Übrigen grundsätzlich ordnungsmäßiger Verwaltung. Hierdurch würde nämlich der unzutreffende Eindruck erweckt, eine Unrichtigkeit der Niederschrift dürfe nicht mehr geltend gemacht werden.
1.4 Aufbewahrungsfrist
Aus ihrem Wesen als Informationsmedium über die Beschluss- und somit wesentliche Rechtslage innerhalb der Gemeinschaft folgt, dass Versammlungsniederschriften zeitlich unbegrenzt aufbewahrt werden müssen. Handels- oder steuerrechtliche Aufbewahrungsfristen gelten nicht. Wegen des Unterschriftenerfordernisses des § 24 Abs. 6 Satz 2 WEG sind sie grundsätzlich im Original aufzub...