Leitsatz

In einem Beschwerdeverfahren hatte sich das OLG damit auseinanderzusetzen, ob aufseiten des Antragstellers bei der Prüfung von dessen Bedürftigkeit Unterhaltslasten zu berücksichtigen sind, die er zugunsten einer Lebensgefährtin erbringt.

 

Sachverhalt

Das AG hatte dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt und ihm Monatsraten von 45,00 EUR auferlegt.

Gegen die Ratenzahlungsanordnung wandte sich der Antragsteller mit der Begründung, bei der Feststellung seines einzusetzenden Einkommens müsste beachtet werden, dass von ihm verlangt werde, er solle für den Lebensunterhalt der mit ihm in Haushaltsgemeinschaft lebenden Lebensgefährtin aufkommen. Jedenfalls werde dies bei der Berechnung ihres Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts verlangt.

Das Rechtsmittel des Antragstellers hatte vorläufig Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, die Unterhaltsleistungen des Antragstellers gegenüber seiner Lebensgefährtin beruhten zwar nicht auf unterhaltsrechtlichen Bestimmungen und könnten deswegen auch nicht bei § 115 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a eingeordnet werden. Die Lebenspartnerin des Antragstellers könne sich andererseits der Unterstellung des Gesetzes im SGB II, der Antragsteller werde entsprechend für sie aufkommen, nicht entziehen, es sei denn durch Auflösung der Gemeinschaft mit ihm. Die Annahme des Gesetzes, dass der Antragsteller Verantwortung für seine Lebensgefährtin tragen und für sie einstehen wolle - wie umgekehrt sie für ihn, weil nach verständiger Würdigung ein solcher wechselseitiger Wille anzunehmen sei - reiche an die Unterhaltsleistung an bedürftige Personen aufgrund einer sittlichen Pflicht heran (OLG Bremen, Beschl. v. 3.6.1996 - 5 WF 59/96, FamRZ 197, 298; im Ergebnis auch KG Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 115 Rz. 41). Derartige Leistungen seien in Rechtsprechung und Literatur als besondere Belastungen i.S.d. § 115 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 ZPO anerkannt (vgl. Stein/Jonas/Bork 22. Aufl. 2004 § 115 Rz. 50 m.w.N.).

Sei der Partner der Bedarfsgemeinschaft erwerbstätig - wie im vorliegenden Fall auch die Partnerin des Antragstellers - werde bei der Berechnung seines Anspruchs von seinem Einkommen ein bestimmter in § 30 SGB II festgelegter Freibetrag abgezogen. Das Gesetz schaffe so für den erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen einen besonderen Arbeitsanreiz. Im Recht der Sozialhilfe, in welchem nach § 36 SGB XII eine Vermutung der Bedarfsdeckung in einer Haushaltsgemeinschaft bestehe und nach welchem die der Prozesskostenhilfe bedürftige Partei der faktischen Pflicht ausgesetzt sein könne, für eine der Sozialhilfe bedürftige Person aufzukommen, werde vom Einkommen dieser Person ein bestimmter Prozentsatz abgesetzt. Demgegenüber bestimme § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 S. 2 ZPO, dass beliebiges eigenes Einkommen der aufgrund Gesetzes unterhaltsberechtigten Person von dem für sie in Satz 1 festgelegten Freibetrag abzuziehen sei. Freibeträge für diese Personen seien dem Gesetz unbekannt.

Es entspreche deshalb dem Recht der Prozesskostenhilfe eher, auch für den Partner der Bedarfsgemeinschaft einen Pauschbetrag zu ermitteln, von diesem dessen eigenes Einkommen in voller Höhe abzuziehen und die Differenz als besondere Belastung nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ZPO anzusetzen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 07.11.2007, 16 WF 164/07

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