Leitsatz
Im Ehescheidungsverfahren war dem Antragsgegner Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden. Das Ehescheidungsurteil war seit dem 26.8.1999 rechtskräftig. Seinerzeit war der Versorgungsausgleich gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG a.F. ausgesetzt worden. Erstmalig mit Schreiben der Rechtspflegerin vom 12.2.2010 wurde das Verfahren zur Überprüfung der fortbestehenden Bedürftigkeit des Antragsgegners durch Schreiben der Rechtspflegerin eingeleitet.
In der Folgezeit hat das AG unter Abänderung der früheren Prozesskostenhilfebewilligungsentscheidung gegenüber dem Antragsgegner eine Einmalzahlung angeordnet.
Hiergegen wandte sich der Antragsgegner mit der sofortigen Beschwerde. Sein Rechtsmittel hatte Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG lagen die Voraussetzungen für die vom AG unter Abänderung der früheren Prozesskostenhilfebewilligungsentscheidung angeordnete Einmalzahlung nicht vor, da die Frist des § 120 Abs. 4 S. 3 ZPO bei Einleitung des Überprüfungsverfahrens am 12.10.2010 abgelaufen und daher eine Änderung zum Nachteil des Antragsgegners ausgeschlossen sei.
Gemäß § 120 Abs. 4 S. 1 ZPO könne des Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert hätten. Eine Änderung zum Nachteil der Partei sei ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen seien, § 120 Abs. 4 S. 3 ZPO. Dies sei vorliegend der Fall. Eine rechtskräftige Entscheidung im Sinne dieser Vorschrift stelle das Urteil des AG, durch das die Ehe der Parteien geschieden worden sei, dar. Dieses Urteil sei seit dem 26.8.1999 rechtskräftig. Das Verfahren zur Überprüfung der fortbestehenden Bedürftigkeit des Antragsgegners sei erst mehr als vier Jahre später, nämlich erst durch Schreiben der Rechtspflegerin vom 12.2.2010 eingeleitet worden.
Allerdings beginne die Frist des § 120 Abs. 4 S. 3 ZPO mit der Rechtskraft der Entscheidung über die Hauptsache (Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 120 Rz. 26).
Als Hauptsache sei nicht allein das Scheidungsverfahren, sondern der gesamte Scheidungsverbund anzusehen. Die Frist von vier Jahren beginne im Scheidungsverbund daher grundsätzlich erst mit Abschluss der letzten abgetrennten Folgesache (OLG Naumburg, FamRZ 2009, 629 [630]; Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Gutjahr, 2. Aufl., § 1 Rz. 216).
Der Senat habe jedoch bereits entschieden, dass es sich anders verhalte, wenn wie hier, der Versorgungsausgleich gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 VAÜG a.F. ausgesetzt worden sei. In diesem Fall habe das Verfahren nur nach der Einkommensangleichung wieder aufgenommen werden können oder dann, wenn aufgrund des Versorgungsausgleichs Leistungen zu erbringen oder zu kürzen wären und ein Beteiligter die Aufnahme beantragt hätte.
In diesen Fällen müsste eine Partei unter Umständen noch nach Jahrzehnten damit rechnen, dass eine Änderung der Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen zu ihrem Nachteil ergehe. Dies widerspreche dem Vertrauensschutz der hilfsbedürftigen Partei, dem die Sperrfrist von vier Jahren diene. Die Frist beginne in einem solchen Fall - wenn nicht andere Folgesachen nach § 628 ZPO a.F. abgetrennt worden seien - bereits mit Rechtskraft des Ehescheidungsurteils und lebe auch nicht dadurch wieder auf, dass nun nach dem am 1.9.2009 in Kraft getretenen § 50 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG ein nach § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG a.F. ausgesetzter Versorgungsausgleich von Amts wegen spätestens bis zum 1.9.2014 wieder aufgenommen werden solle, was hier durch gerichtliche Verfügung vom 18.1.2010 auch geschehen sei.
An dem der Partei einzuräumenden schutzwürdigen Vertrauen habe sich durch diese Vorschrift nichts geändert.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 14.09.2010, 10 WF 165/10