Leitsatz
Wegen des Bezugs von Sozialhilfeleistungen war der Unterhaltsanspruch eines Unterhaltsberechtigten auf den Träger der Sozialleistung übergegangen. Der BGH hatte darüber zu entscheiden, ob bei dem Unterhaltsberechtigten Bedürftigkeit i.S.d. § 115 ZPO vorliegt, wenn ihm der übergegangene Anspruch zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen wird und er hierfür die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt.
Sachverhalt
Die Parteien waren getrennt lebende Eheleute. Die Klägerin begehrte Prozesskostenhilfe für die von ihr erhobene - bislang nicht zugestellte - Klage auf rückständigen Trennungsunterhalt für die Zeit vom 1.1. bis 31.5.2001. Während dieses Zeitraums bezog sie Sozialhilfe in Höhe eines die Klageforderung übersteigenden Betrages. Durch Vertrag zwischen dem Sozialamt und der Klägerin vom 10.4.2001 waren die nach § 91 Abs. 1 S. 1 BSHG a.F. übergegangenen Unterhaltsansprüche an die Klägerin zur gerichtlichen Geltendmachung rückabgetreten worden.
Das FamG hat den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen mit der Begründung, die Klägerin sei wegen ihres gegen den Sozialhilfeträger bestehenden Kostenerstattungsanspruchs nicht bedürftig. Die sofortige Beschwerde der Klägerin blieb erfolglos. Mit der vom OLG zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgte sie ihr Begehren weiter.
Ihr Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BGH hielt die unterhaltsberechtigte Klägerin hinsichtlich der rückübertragenen Unterhaltsansprüche für nicht bedürftig i.S.v. § 114 ZPO. Ihr stehe ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen den Sozialhilfeträger zu, der als Vermögenswert die Bedürftigkeit i.S.v. § 114 ZPO ausschließe. Der BGH hat in seiner Entscheidung auf die divergierenden Ansichten in Rechtsprechung und Literatur hierzu hingewiesen. Aus seiner Sicht begründete auch der Gesichtspunkt der Prozessökonomie kein zu berücksichtigendes Interesse des Unterhaltsberechtigten an einer einheitlichen Geltendmachung bei ihm verbliebener und vom Sozialleistungsträger rückübertragener Unterhaltsansprüche. Nur dann, wenn der Leistungsberechtigte durch Verweis auf den Vorschussanspruch eigene Nachteile erleiden würde oder wenn sich die Geltendmachung rückübertragener Ansprüche neben den beim Unterhaltsgläubiger verbliebenen Unterhaltsansprüchen kostenrechtlich nicht auswirke, sei der Einsatz des Vorschusses unzumutbar und daher Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Hinweis
Mit seiner Entscheidung hat der BGH einen jahrelangen Meinungsstreit darüber beendet, ob es sich bei dem Kostenerstattungsanspruch allein um einen am Ende eines (teilweise) verlorenen Prozesses fällig werdenden Freistellungsanspruch handelt, weshalb Prozesskostenhilfe grundsätzlich zu gewähren sei, soweit keine Mutwilligkeit vorliege oder ob ein echter Vorschussanspruch gegen die öffentliche Hand bestehe, der zum Vermögen der Partei gehöre und zur Deckung der Prozesskosten eingesetzt werden müsse.
Auch wenn sich die BGH-Entscheidung auf ein zwischenzeitlich aufgehobenes Gesetz bezieht, dürfte sie für alle aktuellen Überleitungsvorschriften von Bedeutung sein. Werden Sozialleistungen erbracht, gehen eventuelle Unterhaltsansprüche der Hilfebedürftigen regelmäßig im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs auf den Leistungsträger über. Zur gerichtlichen Geltendmachung kann der übergegangene Anspruch auf den Leistungsempfänger rückübertragen werden. Der Leistungsträger muss dann jedoch eventuelle Kosten, mit denen der Leistungsempfänger belastet wird, übernehmen. Diese Kostenübernahmepflicht stellt einen Prozesskostenvorschuss dar, der Vermögen i.S.d. § 115 ZPO darstellt.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 02.04.2008, XII ZB 266/03