Leitsatz
In einem Berufungsverfahren zum Kindesunterhalt war dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Nach einem im Termin vor dem Berufungsgericht abgeschlossenen Vergleich hat das Berufungsgericht die den Parteien bewilligte Prozesskostenhilfe auch auf den abgeschlossenen Vergleich erstreckt, der sich auch auf nicht rechtshängige Gegenstände bezog.
Nach Abschluss des Verfahrens wurde die von dem Antragsteller beantragte Terminsgebühr nicht festgesetzt. Der Erinnerung des Antragstellers wurde nicht abgeholfen. Beim OLG erwies sich die Beschwerde des Antragstellers als erfolgreich.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG war die Terminsgebühr nach einem Streitwert von 5.900,00 EUR aus der Staatskasse zu erstatten. Sie sei auch in Bezug auf die bislang nicht rechtshängigen Ansprüche angefallen.
Aus dem Sitzungsprotokoll sei ersichtlich, dass dort Fragen des Ehegattenunterhalts und des Sonderbedarfs erörtert worden seien, die bislang nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens gewesen seien. Der Anfall der Terminsgebühr folge aus RVG-VV Vorbemerkung 3 Abs. 3. Dass eine Terminsgebühr auch hinsichtlich nicht rechtshängiger Ansprüche anfallen könne, bestätige RVG-VV Nr. 3104 Abs. 2.
Die die Terminsgebühr auslösende Erörterung der nicht rechtshängigen Ansprüche werde hier von der erfolgten Prozesskostenhilfebewilligung umfasst. Der maßgebliche Umfang der Bewilligung ergebe sich für den vorliegenden Fall nicht aus dem Gesetz. Das Berufungsverfahren betreffe den Kindesunterhalt, keine Ehesache. Maßgeblich seien mithin die Beschlüsse, durch die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden sei, § 48 Abs. 1 RVG. Hier habe das Berufungsgericht in der Sitzung vom 13.6.2007 im Nachgang zum abgeschlossenen Vergleich beschlossen: "Die den Parteien bewilligte Prozesskostenhilfe bezieht sich auch auf den abgeschlossenen Vergleich." Damit habe es hinreichend deutlich gemacht, dass der Abschluss des Vergleichs von der Prozesskostenhilfegewährung erfasst sein sollte.
Der Begriff "abgeschlossener Vergleich" umfasse im Zweifel auch die Verhandlungen und Erörterungen, die - wie hier - dem Vergleichsabschluss vorausgegangen seien. Mit der Erweiterung der Prozesskostenhilfe auch auf die Folgesache solle vermieden werden, dass diese gesondert anhängig gemacht werden müsse, um hierfür Prozesskostenhilfe zu erhalten. Diesem Bestreben würde es zuwiderlaufen, wenn die Prozesskostenhilfe zwar den Abschluss des Vergleichs auch über die Folgesache, nicht aber die im Zuge der vorangegangenen Erörterungen angefallene Terminsgebühr umfasse (vgl. OLG Saarbrücken 4.4.2008 - 6 WF 19/08, OLGR 2008, 823; OLG Stuttgart 18.1.2008 - 8 WF 12/08, JurBüro 2008, 306; OLG Köln 17.9.2007 - 25 WF 204/07, AGS 2007, 547; OLG Koblenz 6.6.2006 - 14 W 328/06, JurBüro 2006, 473).
Die nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den "abgeschlossenen Vergleich" wirke hier auf den Zeitpunkt der Erörterung zurück. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsteller bereits im Rahmen der Erörterung der nicht rechtshängigen Gegenstände einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Einbeziehung dieser Gegenstände in den avisierten Vergleich gestellt habe. Die Prozessbevollmächtigten hätten bereits im Rahmen der Erörterung mit dem Ziel, eine gütliche Einigung der Parteien herbeizuführen, nachgefragt, ob im Falle der Einigung auch über die nicht rechtshängigen Gegenstände auch insoweit PKH bewilligt werde. Dies sei vom Gericht bejaht worden. Hierin liege eine entsprechende Antragstellung auf Erweiterung der bereits gewährten Prozesskostenhilfe. Die Bewilligung wirke auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück, wenn sich in dem Beschluss kein abweichender Zeitpunkt befinde. Dies müsse nicht besonders hervorgehoben werden, da der Wille des Antragstellers regelmäßig dahin gehe, dass ihm ab Antragstellung Prozesskostenhilfe gewährt werde (vgl. Zöller/Philippi, § 119 Rz. 41).
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.01.2009, II-10 WF 30/08