Leitsatz
Die Antragstellerin beantragte Prozesskostenhilfe für einen Rechtsstreit auf Zugewinnausgleich gegen ihren früheren Ehemann. Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, ob ein Anspruch gegen den jetzigen Ehepartner auf Zahlung eines - vorrangigen - Prozesskostenvorschusses besteht.
Sachverhalt
Die Antragstellerin war in neuer Ehe verheiratet und wollte ihren früheren Ehemann auf Zugewinnausgleich in Anspruch nehmen. Ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage, mit der ein Betrag von 50.000,00 EUR eingeklagt werden sollte, hat das AG mit der Begründung zurückgewiesen, sie sei nicht prozesskostenhilfebedürftig, da sie gegen ihren jetzigen Ehemann, der als Oberarzt tätig sei und zudem erhebliche Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit erziele, ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss habe.
Gegen die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts wandte sich die Antragstellerin mit der Beschwerde gemäß § 127 Abs. 2 ZPO.
Ihr Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Das OLG teilte die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts und bejahte ebenfalls einen Prozesskostenvorschussanspruch aus § 1360a Abs. 4 S. 1 BGB gegen den neuen Ehegatten.
Der hier geltend gemachte Zugewinnausgleichsanspruch stelle eine persönliche Angelegenheit der Antragstellerin i.S.v. § 1360a Abs. 4 S. 1 BGB dar. Für die Beurteilung einer persönlichen Angelegenheit sei es unerheblich, ob es sich um einen Ausgleichsanspruch aus noch bestehender oder um einen Ausgleichsanspruch aus beendeter Ehe handele. Dass der frühere Ehegatte nicht mehr auf Prozesskostenvorschuss in Anspruch genommen werden könne, habe seine Ursache nicht darin, dass die Forderung ihren Charakter als persönliche Angelegenheit verloren hätte, sondern allein darin, dass § 1360a Abs. 4 BGB an den Bestand der Ehe anknüpfe und das nacheheliche Unterhaltsrecht auf § 1360a Abs. 4 BGB nicht verweise (vgl. BGH FamRZ 984, 148).
Wenn der Zugewinnausgleichsanspruch eine persönliche Angelegenheit i.S.v. § 1360a Abs. 4 BGB sei, bleibe er dies unabhängig davon, ob die Ehe geschieden und die Antragstellerin in neuer Ehe verheiratet sei. Auf einen persönlichen Bezug zu dem neuen Ehegatten komme es nach dem Wortlaut des § 1360a Abs. 4 S. 1 BGB nicht an (vgl. OLG Hamm FamRZ 1989, 277; OLG Koblenz FamRZ 1986, 466).
Vielmehr reiche es für die Beurteilung als persönliche Angelegenheit aus, dass der Anspruch auf der - wenn auch inzwischen beendeten - Ehe der Antragstellerin beruhe. Der in der Literatur weitgehend vertretenen Ansicht, ein nach Scheidung der Ehe geführter Rechtsstreit gegen den früheren Ehegatten sei als vermögensrechtliche und nicht mehr als persönliche Angelegenheit zu beurteilen, weil ihm die Beziehung zur gemeinsamen Lebensführung in der jetzigen Ehe fehle, wollte das OLG nicht folgen. Dass eine persönliche Beziehung zur gemeinsamen Ehe zu fordern sei, möge für Fälle zutreffen, in denen erst durch diesen Bezug zur neuen Ehe eine Angelegenheit den Charakter einer persönlichen Angelegenheit gewinne (vgl. BGH NJW 2003, 2910, 2912).
Eine aus einer Ehe resultierende familienrechtliche Angelegenheit des Ehegatten verliere den Status als persönliche Angelegenheit nicht dadurch, dass eine neue Ehe eingegangen werde und damit die Person des Unterhaltspflichtigen wechsle. Für den klagenden Ehegatten habe sich durch die Wiederheirat an den Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs und seinen Wurzeln in der vormaligen ehelichen Beziehung nichts geändert. In Bezug auf die Prozesspartei sei die Angelegenheit daher weiterhin eine persönliche i.S.v. § 1360a Abs. 4 S. 2 ZPO, auch wenn der Bezug zur neuen Ehe fehle.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das OLG die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Hinweis
Die Antragstellerin hat von der Möglichkeit der Rechtsbeschwerde Gebrauch gemacht. Auch der BGH hat in seiner Entscheidung vom 25.11.2009 - XII ZB 46/09 - (FamRZ 2010, 189 ff.) die Prozesskostenvorschusspflicht des neuen Ehegatten bejaht. Zwar sei weder in Literatur noch in Rechtsprechung bisher eine allgemein anerkannte Definition für das Merkmal "persönliche Angelegenheit" gefunden worden. Die Praxis behelfe sich daher mit Fallgruppen. Das vorliegende Verfahren betreffe nicht nur allgemeine wirtschaftliche Interessen eines Ehegatten, es beziehe sich vielmehr auf eine Angelegenheit, die ihre Wurzeln in der Lebensgemeinschaft der früheren Ehepartner habe. Das Recht, an dem wirtschaftlichen Ergebnis der gemeinsamen Tätigkeit in der Ehe beteiligt zu sein, zähle zu den persönlichen Angelegenheiten. An dieser Bewertung ändere sich durch die Scheidung und eine neue Heirat nichts.
Eine begrüßenswerte Entscheidung des BGH, die endlich Klarheit für ein seit langem äußert umstrittenes Problem gebracht hat.
Link zur Entscheidung
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 25.02.2009, 1 WF 44/09