Gesetzestext
(1) Das ersuchte Gericht erledigt das Ersuchen unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 90 Tagen nach Eingang des Ersuchens.
(2) Das ersuchte Gericht erledigt das Ersuchen nach Maßgabe seines nationalen Rechts.
(3) Das ersuchende Gericht kann unter Verwendung des Formblatts A in Anhang I beantragen, dass das Ersuchen nach einer besonderen Form erledigt wird, die sein nationales vorsieht. Das ersuchte Gericht erledigt das Ersuchen gemäß dem besonderen Verfahren, es sei denn, dass das mit seinem nationalen Recht unvereinbar wäre oder dem ersuchten Gericht wegen erheblicher tatsächlicher Schwierigkeiten unmöglich ist. Entspricht das ersuchte Gericht aus einem der genannten Gründe nicht dem Ersuchen nach Erledigung in einer besonderen Form, so unterrichtet es das ersuchende Gericht unter Verwendung des Formblatts H in Anhang I hiervon.
(4) Das ersuchende Gericht kann das ersuchte Gericht bitten, die Beweisaufnahme unter Verwendung von Kommunikationstechnologien, insbesondere im Wege der Videokonferenz und der Telekonferenz, durchzuführen.
Das ersuchte Gericht verwendet die in Unterabsatz 1 näher bezeichnete Kommunikationstechnologie, es sei denn, dass dies mit seinem nationalen Recht unvereinbar wäre oder dass es dem ersuchten Gericht wegen erheblicher tatsächlicher Schwierigkeiten unmöglich ist.
Verwendet das ersuchte Gericht aus einem der genannten Gründe die besondere Kommunikationstechnologie nicht, so unterrichtet es das ersuchende Gericht unter Verwendung des Formblatts H in Anhang I hiervon.
Hat das ersuchende oder das ersuchte Gericht keinen Zugang zu der in Unterabsatz 1 genannten Kommunikationstechnologie, so können die Gerichte diese Kommunikationstechnologie im gegenseitigen Einvernehmen zur Verfügung stellen.
Rn 1
Eine Überschreitung der in Abs 1 bestimmten Frist muss dem ersuchenden Gericht angezeigt werden (Art 17), bleibt aber ansonsten in diesem Verfahren folgenlos. Sie mag jedoch bpsw für einen Entschädigungsanspruch wegen überlanger Verfahrensdauer (§ 198 GVG) relevant sein (vgl Rauscher/v. Hein Art 10 Rz 2).
Rn 2
Die Beweisaufnahme durch das ersuchte Gericht findet gem dortigem Prozessrecht statt (Abs 2). Aus deutscher Sicht genügt aber die Einhaltung der deutschen Vorschriften durch das Rechtshilfegericht, so dass die Beweisaufnahme schon dann ordnungsgemäß ist, wenn sie entweder deutschem Recht oder dem Recht am Ort des ersuchten Gerichts genügt (s § 369 Rn 2). Aus Abs 2 ergibt sich auch, dass die Beweisaufnahme eines ersuchten deutschen Gerichts grds in deutscher Sprache stattfindet (vgl § 184 GVG, s aber Rn 3),
Rn 3
Falls das ersuchende ausländische Gericht eine besondere Form der Beweisaufnahme wünscht, ist diesem Wunsch zu entsprechen, sofern diese Form nicht mit inländischem Recht ausnahmsweise unvereinbar oder aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist. Abs 3 Satz 2 Var 1 normiert einen eng auszulegenden ordre public-Vorbehalt. Mit deutschem Recht vereinbar ist zB ein Kreuzverhör (ebenso Gebauer/Wiedmann/Huber Art 10 EuBVO Rn 13; Rauscher/v. Hein Rz 20 ff mwN; aA Geimer/Schütze/Knöfel Art 10 Rz 17), ein Wortprotokoll (s.a. § 160a) oder – bei Einverständnis der zu vernehmenden Person – eine Videoaufzeichnung der Vernehmung (Rauscher/v. Hein Rz 39). Trotz 184 GVG ist auch eine Vernehmung in ausländischer Sprache zulässig (s. ausf. Geimer/Schütze/Knöfel Art 10 Rz 23 ff); für die Dolmetscherkosten kann dann gem. Art. 22 II Sicherheit verlangt werden. Auch der in Abs 3 S 2 Var 2 genannte Begriff der Unmöglichkeit ist eng auszulegen; bei hohen Kosten kann gem Art 22 II Sicherheit verlangt werden, ein Anwendungsfall ist daher kaum denkbar.
Rn 3a
Greift einer der Vorbehalte in Abs. 3 S 2 ein, hat das ersuchte Gericht dies dem ersuchenden Gericht mit Begründung mitzuteilen und abzuklären, ob die Beweisaufnahme in modifizierter und mit dem eigenen Recht vereinbarer Form durchgeführt werden soll (Gebauer/Wiedmann/Huber Art 10 EuBVO Rz 15).
Rn 4
Abs 4 regelt nicht die Möglichkeit des ersuchenden Gerichts, eine Person im Ausland unmittelbar im Wege der Videokonferenz zu vernehmen (s dazu Art 19), sondern die Möglichkeit, den in Art 13 und 14 genannten Personen die ›virtuelle‹ Anwesenheit im Wege der Bild- und Tonübertragung bei der Beweisaufnahme zu ermöglichen (ebenso Knöfel RIW 18, 712, 714, s dazu ausführlich Windau jM 21, 178, 184), und zwar unabhängig davon, ob die Vernehmung im Wege der Bild- und Tonübertragung stattfindet oder nicht. Ein Antrag gem Abs 1 wird daher idR nicht in erster Linie darauf gerichtet sein, dass das ersuchte Gericht die Vernehmung selbst im Wege der Bild- und Tonübertragung durchführt, sondern dass es dem ersuchenden Gericht und ggf den Beteiligten bei der Vernehmung eine Anwesenheit im Wege der Bild- und Tonübertragung ermöglicht (s Rauscher/v Hein Rz 36).
Rn 5
Wird um eine Anwesenheit im Wege der Video- oder Telefonkonferenz ersucht, so ist diese in Deutschland entspr § 128a I, II möglich, auch wenn sich die zugeschalteten Parteien oder ihre Vertreter oder das ers...