Rn 3

Bei Einreichung eines Verfahrenskostenhilfeantrags wird das Gericht idR zunächst dem Antragsgegner Gelegenheit zur Stellungnahme geben, wodurch dieser vorgewarnt sein kann und ggf selbst unverzüglich einen eigenen Antrag beim ausländischen Gericht rechtshängig machen wird. Zwar besteht ein Unterschied zwischen Rechtshängigkeit und Anrufung. Die – in Art 16 autonom definierte – Anrufung genügt für die Anwendung der Prioritätsregel des Art 19. Allerdings sperrt ein Verfahrenskostenhilfeantrag für ein beabsichtigtes Verfahren den Antrag der Gegenseite nicht. Ein derartiger Antrag stellt keine Verfahrenseinleitung dar (vgl BGH FamRZ 12, 783 zu Art 111 I FGG-RG sowie Stuttg NJW 13, 398 zur Anwendbarkeit der Rom III-VO; Frankf v 5.3.15 – 6 UF 225/13 zu Art 9 EuUntVO; Dimmler/Bißmaier FamRBint 12, 66, 67; aA ua Hausmann Art 16 Rz F 267). Um das Risiko eines verspäteten Antragseingangs zu vermeiden, ist es nicht erforderlich, unmittelbar bei Antragseingang dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe zu gewähren. Vielmehr sollte der Antragsteller sein Verfahrenskostenhilfegesuch mit einem (zu begründenden) Antrag auf sofortige Zustellung der Antragsschrift nach § 15 Nr 3 lit b, ggf auch lit a FamGKG verbinden, dem das Gericht aus den obigen Gründen nachkommen sollte, wenn der Hauptsacheantrag schlüssig ist. Sollte sich nach Eingang der Stellungnahme erweisen, dass dem Antrag die hinreichende Erfolgsaussicht fehlt, so kann die Verfahrenskostenhilfe immer noch versagt werden.

 

Rn 4

Werden die verfahrenseinleitenden Schriftstücke in verschiedenen Mitgliedstaaten am selben Tag eingereicht, so wird nach Beweislastgrundsätzen derjenige das Nachsehen haben, der die Uhrzeit der Einreichung nicht beweisen kann (vgl zur Problematik auch EuGH FamRZ 15, 2036, näher Art 19 Rn 2). Der Schriftsatz sollte deshalb per Telefax übermittelt werden (die Empfangsgeräte der Gerichte weisen normalerweise die Uhrzeit des Eingangs aus; die letzte Seite mit der Unterschrift ist dann maßgebend). Alternativ kann der Schriftsatz auch von einem Kanzleiangestellten überbracht werden, der sich die Uhrzeit der Entgegennahme von der Geschäftsstelle bestätigen lassen sollte (s dazu auch Völker FF 09, 443). Die Problematik unterschiedlicher Zeitzonen kann dadurch auch nicht zufriedenstellend gelöst werden (Hilbig-Lugani GPR 16, 132; Dimmler FamRB 16, 43).

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