Gesetzestext
(1) Ist mit der Entscheidung über mehrere geltend gemachte Ansprüche entschieden worden und kann die Entscheidung nicht in vollem Umfang zur Vollstreckung zugelassen werden, so lässt das Gericht sie für einen oder mehrere Ansprüche zu.
(2) Der Antragsteller kann eine teilweise Vollstreckung beantragen.
A. Überblick.
Rn 1
Die Verordnung regelt in den Art 28 ff grds nur die Vollstreckbarerklärung bzw im Vereinigten Königreich (für Verfahren, die vor dem 1.1.21 eingeleitet worden sind) nach Art 28 II die dort an die Stelle der Vollstreckbarerklärung tretende Registrierung. Die eigentliche Zwangsvollstreckung bleibt dem jeweiligen Recht des Vollstreckungsstaats überlassen Art 47. In Deutschland greift diesbzgl § 44 IntFamRVG iVm §§ 86 ff FamFG (Ordnungsgeld und -haft sowie unmittelbarer Zwang nach § 90 FamFG). Liegt eine widerrechtliche Kindesentführung vor, kann ein Exequaturverfahren vorrangig ohne das Betreiben eines HKÜ-Verfahrens eingeleitet werden (EuGH FamRZ 19, 56; Anm Dimmler FamRB 19, 99).
Rn 2
Die Verpflichtung zur Vollstreckbarerklärung von Entscheidungen (zu öffentlichen Urkunden und Vergleichen s Art 46) betreffend die elterliche Verantwortung ergibt sich aus Art 28 I, und zwar auch hinsichtlich des festgesetzten Zwangsgeldes bei einem Verstoß gegen einen angeordneten Umgang im Ursprungsmitgliedstaat (EuGH FamRZ 15, 1866). Ausgenommen hiervon sind Umgangsrechtsentscheidungen und bestimmte Rückführungsentscheidungen auf der Grundlage des HKÜ (s dazu Art 40 und 41). Sorgerechtsentscheidungen sind rechtsgestaltender Natur, haben keinen vollstreckungsfähigen Inhalt und können daher auch nicht für vollstreckbar erklärt werden (BVerfG FamRZ 07, 1626; BGH FamRZ 05, 1540).
B. Vollstreckbarerklärungsverfahren.
Rn 3
Im Einzelnen sieht die Verordnung – auf Antrag (s dazu für Deutschland § 16 IntFamRVG) der berechtigten Partei (Art 28 I), also nicht vAw – ein mehrstufiges Vollstreckbarerklärungsverfahren vor. Der Antrag kann in Deutschland auch zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden, § 16 II IntFamRVG. Der Begriff der ›berechtigten Partei‹ ist weit auszulegen; hierzu zählen nicht nur Ehegatten und Kinder, sondern für die Staaten, in denen dies vorgesehen ist, auch die staatliche Gewalt. Maßgeblich für die Antragstellung ist gem Art 30 I das Recht des Vollstreckungsstaats. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist nach Art 29 I bei dem Gericht zu stellen, das in der Liste zu Art 68 – s Art 68 Rn 1 – aufgeführt ist, also in Deutschland bei dem FamG am Sitz des betreffenden OLG (in Niedersachsen beim FamG Celle), hingegen im Bezirk des KG beim FamG Pankow. Art 29 I regelt also die sachliche Zuständigkeit. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich sodann aus Art 29 II (Ausführungsvorschriften für Deutschland: §§ 10–13 IntFamRVG). Dessen erstem Satz zufolge ist in erster Linie das Gericht am gewöhnlichen Aufenthaltsort der Person zuständig, gegen welche die Vollstreckung erwirkt werden soll, oder das Gericht am gewöhnlichen Aufenthaltsort eines Kindes, auf das sich der Antrag bezieht. Ist hiernach keine Zuständigkeit im Vollstreckungsstaat gegeben, wird nach Art 29 II 2 das örtlich zuständige Gericht durch den Ort der Vollstreckung bestimmt (auch im Urlaubs- oder Fluchtland).
Rn 4
Das erstinstanzliche Verfahren ist einseitig: Nach Art 31 I wird bis zur Vollstreckbarerklärung die Person, gegen die die Vollstreckung erwirkt werden soll, nicht gehört, so für Deutschland auch § 18 IntFamRVG. Eine mündliche Verhandlung findet demgemäß im Regelfall nicht statt. Es besteht kein Anwaltszwang. Das Gericht hat nach Art 31 I seine Entscheidung ohne Verzug zu erlassen.
Rn 5
Der Antragsteller hat nach Art 30 II für die Zustellung im Bezirk des angerufenen Gerichts ein Wahldomizil zu begründen oder einen Zustellungsbevollmächtigten (der in Deutschland kein Rechtsanwalt sein muss, § 17 II IntFamVRG) zu bestellen. Hat der Antragsteller im Ursprungsstaat ganz oder tw Verfahrens-/Prozesskostenhilfe oder Gebührenbefreiung erhalten, erfährt er gem Art 50 im Vollstreckungsstaat diesbzgl die günstigste Behandlung, die dieses Recht vorsieht. Art 51 betrifft die Sicherheitsleistung bzw Hinterlegung, insoweit ist hervorzuheben, dass der Vollstreckungsgläubiger mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat von der Pflicht zur Ausländersicherheitsleistung befreit ist.
Rn 6
Eine sachliche Überprüfung (révision au fond) der zu vollstreckenden Entscheidung ist nach Art 31 III unzulässig (s.a. EuGH FamRZ 10, 525; Anm Völker FamRBint 10, 27). Gegenstand der gerichtlichen Prüfung im Vollstreckbarerklärungsverfahren ist daher nur: