Gesetzestext
(1) Das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück kann dem Schuldner wie folgt zugestellt worden sein:
a) |
durch persönliche Zustellung, bei der der Schuldner eine Empfangsbestätigung unter Angabe des Empfangsdatums unterzeichnet, oder |
b) |
durch persönliche Zustellung, bei der die zuständige Person, die die Zustellung vorgenommen hat, ein Dokument unterzeichnet, in dem angegeben ist, dass der Schuldner das Schriftstück erhalten hat oder dessen Annahme unberechtigt verweigert hat und an welchem Datum die Zustellung erfolgt ist, oder |
c) |
durch postalische Zustellung, bei der der Schuldner die Empfangsbestätigung unter Angabe des Empfangsdatums unterzeichnet und zurückschickt, oder |
d) |
durch elektronische Zustellung wie beispielsweise per Fax oder E-Mail, bei der der Schuldner eine Empfangsbestätigung unter Angabe des Empfangsdatums unterzeichnet und zurückschickt. |
(2) Eine Ladung zu einer Gerichtsverhandlung kann dem Schuldner gem Abs 1 zugestellt oder mündlich in einer vorausgehenden Verhandlung über dieselbe Forderung bekannt gemacht worden sein, wobei dies im Protokoll dieser Verhandlung festgehalten sein muss.
Rn 1
Die EuVTVO unterscheidet strikt zwischen der hier geregelten tatsächlichen Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks an den Empfänger und den in Art 14 enumerativ aufgezählten ausreichenden Formen der Ersatzzustellung. Sonstige Formen der Zustellung oder Ersatzzustellung – zB die öffentliche Zustellung oder eine remise au parquet – sind für eine Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel nicht ausreichend (KG 27.6.11 – 12 W 30/11). Damit soll sichergestellt werden, dass eine Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel nur in solchen Säumnisfällen zum Zuge kommt, in denen der Schuldner entweder tatsächlich (Art 13) oder doch mit hinreichender Aussicht (Art 14) über das Verfahren informiert wurde.
Rn 2
Im Falle des Abs 1 lit a muss der Schuldner persönlich das verfahrenseinleitende Schriftstück erhalten und die Empfangsbestätigung unterzeichnet haben. Die Postzustellung fällt aber unter Abs 1 lit c.
Rn 3
Verweigert der Empfänger die Annahme, so reicht es nach Abs 1 lit b aus, wenn der Zustellende dies durch Unterschrift dokumentiert. Die EuVTVO sagt zu der Frage, wann eine Annahmeverweigerung unberechtigt ist, nichts aus. Das Recht zur Annahmeverweigerung kann sich aber aus anderen Vorschriften ergeben, insb aus Art 8 EuZVO (s dort).
Rn 4
Mit Abs 1 lit c ist die Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein gemeint, während eine Postsendung als Übergabe- oder Einwurfeinschreiben nicht ausreicht.
Rn 5
Problematisch ist, wie bei der elektronischen Zustellung iSv Abs 1d die Empfangsbestätigung ›unterzeichnet‹ werden soll. Bei Telefax mag das Faksimile der Unterschrift ausreichen, während bei E-Mail angesichts der damit verbundenen Manipulationsmöglichkeiten eine – bisher kaum verbreitete – digitale Signatur gefordert wird (Rauscher/Pabst Rz 19). Ersatzweise kommt auch eine E-Mail mit ausdruckbarer schriftlicher Empfangsbestätigung in Betracht, die dann auf traditionellem Wege zurückgeschickt werden kann. Generell sollte die Zustellung per E-Mail eher zusätzlich zu sonstigen Zustellungsformen unternommen werden.
Rn 6
Die Zustellungsformen der Art 13 und 14 gelten auch für eine Terminsladung, soweit diese getrennt von dem verfahrenseinleitenden Schriftstück erfolgt (Ddorf IPRax 09, 342). Die Option der Protokollierung der Ladung im vorherigen Termin setzt voraus, dass der Schuldner in diesem vorherigen Termin anwesend war (ThoPu/Hüßtege Rz 3).