Gesetzestext
Hat der Schuldner
- einen Rechtsbehelf gegen eine als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigte Entscheidung eingelegt, wozu auch ein Antrag auf Überprüfung iSd Artikels 19 gehört, oder
- die Berichtigung oder den Widerruf einer Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel gemäß Artikel 10 beantragt,
so kann das zuständige Gericht oder die befugte Stelle im Vollstreckungsmitgliedstaat auf Antrag des Schuldners
a) |
das Vollstreckungsverfahren auf Sicherungsmaßnahmen beschränken oder |
b) |
die Vollstreckung von der Leistung einer von dem Gericht oder der befugten Stelle zu bestimmenden Sicherheit abhängig machen oder |
c) |
unter außergewöhnlichen Umständen das Vollstreckungsverfahren aussetzen. |
Rn 1
Die Vorschrift ist im Zusammenhang mit Art 21 II zu lesen, welcher den Schuldner hinsichtlich möglicher Einwände auf die im Ursprungsstaat möglichen Rechtsbehelfe verweist. Legt dieser aber einen dort möglichen Rechtsbehelf ein, so hat er im Vollstreckungsstaat über Art 23 die Möglichkeit, die Vollstreckung zu beschränken, von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen oder aussetzen zu lassen.
Rn 2
Es kommt jeder nach dem Recht des Ursprungsstaates sowie nach der EuVTVO mögliche Rechtsbehelf im Ursprungsstaat in Betracht, auch außerordentliche Rechtsbehelfe wie etwa eine Verfassungsbeschwerde oder ein Wiederaufnahmeantrag (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Jennissen/Eichel Rz 2; aA Gebauer/Wiedmann/Bittmann Rz 2 f). Auch die Individualbeschwerde zum EGMR gem Art 34 EMRK ist ein Rechtsbehelf iSd Vorschrift (MüKoZPO/Adolphsen § 1084 Rz 8; aA Wagner IPRax 05, 189, 198; Zö/Geimer Rz 2), weil die Vorschrift weder zwischen staatlichen und überstaatlichen Einrichtungen differenziert noch auf ›ordentliche Rechtsbehelfe‹ (Art 38 I Brüssel-Ia-VO) beschränkt ist.
Rn 3
Das zuständige Gericht im Vollstreckungsstaat (in Deutschland s § 1084) entscheidet nach seinem Ermessen, ob und welche der in der Vorschrift unter a–c genannten Rechtsfolgen es anordnet. Kriterien der Ermessenentscheidung sind sowohl eine Prognose der Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs wie auch der dem Schuldner durch die Vollstreckung drohende Schaden (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Jennissen/Eichel Rz 3).
Rn 4
Der Begriff der ›außergewöhnlichen Umstände‹ iSd lit c ist eng auszulegen; darunter fallen nur solche, die den Schuldner der tatsächlichen Gefahr eines besonders schweren Schadens aussetzen würden, der nicht oder äußerst schwer wiedergutzumachen wäre, falls die genannte Entscheidung aufgehoben wird oder die Bestätigung als Vollstreckungstitel berichtigt oder widerrufen wird (EuGH RIW 23, 193 m Anm v Hein).