Prof. Dr. Thomas Pfeiffer
Zusammenfassung
Art. 16 Brüssel Ia-VO0 Die in Artikel 15 Nummer 5 erwähnten Risiken sind die folgenden:
1. |
sämtliche Schäden
a) |
an Seeschiffen, Anlagen vor der Küste und auf hoher See oder Luftfahrzeugen aus Gefahren, die mit ihrer Verwendung zu gewerblichen Zwecken verbunden sind, |
b) |
an Transportgütern, ausgenommen Reisegepäck der Passagiere, wenn diese Güter ausschließlich oder zum Teil mit diesen Schiffen oder Luftfahrzeugen befördert werden; |
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2. |
Haftpflicht aller Art, mit Ausnahme der Haftung für Personenschäden an Passagieren oder Schäden an deren Reisegepäck,
a) |
aus der Verwendung oder dem Betrieb von Seeschiffen, Anlagen oder Luftfahrzeugen gemäß Nummer 1 Buchstabe a, es sei denn, dass – was die letztgenannten betrifft – nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das Luftfahrzeug eingetragen ist, Gerichtsstandsvereinbarungen für die Versicherung solcher Risiken untersagt sind, |
b) |
für Schäden, die durch Transportgüter während einer Beförderung im Sinne von Nummer 1 Buchstabe b verursacht werden; |
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3. |
finanzielle Verluste im Zusammenhang mit der Verwendung oder dem Betrieb von Seeschiffen, Anlagen oder Luftfahrzeugen gemäß Nummer 1 Buchstabe a, insbesondere Fracht- oder Charterverlust; |
4. |
irgendein zusätzliches Risiko, das mit einem der unter den Nummern 1 bis 3 genannten Risiken in Zusammenhang steht; |
5. |
unbeschadet der Nummern 1 bis 4 alle ›Großrisiken‹ entsprechend der Begriffsbestimmung in der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II). |
Rn 1
Die Vorschriften der Art 10 ff begründen ein eigenständiges System der Zuständigkeit in Versicherungssachen (EuGH ECLI:EU:C:2022:514 Rz 45) und enthalten in ihrem Anwendungsbereich abschließende Zuständigkeitsregeln (EuGH C-913/19 = ECLI:EU:C:2021:399 Rz 34); sie sind im Lichte ihres begrenzten Schutzzwecks auszulegen, der nur für den Versicherungsnehmer gilt und verbraucherrechtsähnliche Ziele verfolgt. Durch Art 15 Nr 5 werden daher Gerichtsstandsvereinbarungen ermöglicht, soweit die VO von einem Gleichgewicht der Vertragsparteien ausgeht (EuGH ECLI:EU:C:2023:344 Rz 50). Grds erfasst wird von den Art 11 ff die Umgestaltung individueller Rechte von Versicherungsunternehmen im Rahmen eines gesellschaftsrechtlichen Reorganisationsverfahrens (BGH NJW 12, 2113 [BGH 15.02.2012 - IV ZR 194/09]). Sie gelten nicht für Klagen aus Rückversicherungsverträgen (EuGH Slg 00, I-5925) oder für eine Gewährleistungsklage zwischen Versicherern im Falle einer Mehrfachversicherung (EuGH Slg 05, I-4509). Anders liegt es demgemäß dann, wenn ein Versicherungsnehmer ausnahmsweise zur direkten Inanspruchnahme des Rückversicherers befugt ist (EuGH Slg 00, I-5925 Rz 75). Sind die Art 10 ff, etwa bei der Klage eines Zessionars, nicht anwendbar, bleibt es bei den ansonsten geltenden Zuständigkeitsvorschriften (EuGH C-913/19 = ECLI:EU:C:2021:399 Rz 47). Ein Teil der Maßgaben in Art 10 ff betrifft nur die internationale Zuständigkeit; andere beziehen sich auf die Gerichte eines bestimmten Ortes und regeln damit auch die örtliche Zuständigkeit, so etwa Art 11 I b (EuGH ECLI:EU:C:2022:514).
Rn 2
Bei Regressansprüchen im Falle einer Legalzession unterscheidet der EuGH danach, ob der Zessionar als ›schwächere Partei‹ anzusehen und deshalb nach dem Zweck der Art 10 ff schutzbedürftig ist. Das hat freilich zu einer nur begrenzt überzeugenden Kasuistik hinsichtlich der Schutzbedürftigkeit geführt: Bejaht für Erben (EuGH C-347/08 Rz 44 obiter) und für Dienstgeber bei Entgeltfortzahlung (EuGH C-340/16), weil es auch ›schwache‹ Dienstgeber gebe und eine Differenzierung insoweit unpraktikabel sei; verneinend für den Regressanspruch des Sozialversicherungsträgers (EuGH C-347/08; C-521/14 Rz 31) und für einen gewerblich eintreibenden Zessionar von Ersatzansprüchen (EuGH C-106/17; EuGH C-913/19 = ECLI:EU:C:2021:399 Rz 43). Die Verweisung in Art 13 II auf Art 11 bezieht sich auf dessen sämtliche Voraussetzungen, wobei anstelle des Versicherten der Geschädigte zu setzen ist. Die Verweisung auf Art 11 I lit b ist demgemäß dahin auszulegen, dass der Geschädigte vor dem Gericht des Ortes in einem Mitgliedstaat, an dem er seinen Wohnsitz hat, eine Klage unmittelbar gegen den Versicherer erheben kann, sofern eine solche unmittelbare Klage zulässig ist und der Versicherer im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig ist (EuGH Slg 07, I-11321; BGHZ 176, 276; BGHZ 195, 166). Soweit die Anwendung von Art 11 sich lediglich aus der Verweisung in Art 13 II ergibt, sind dessen Voraussetzungen zusätzlich zu prüfen (ECLI:EU:C:2022:514 Rz 34). Für die Klage gegen einen Schädiger, dem nicht der Streit verkündet wurde, besteht aber nach Art 13 III keine Zuständigkeit dieses Gerichts (EuGH C-708/20 = ECLI:EU:C:2021:986). Die Möglichkeit der Prorogation des gemeinsamen Heimatforums nach Art 15 Nr 3 kann einem Drittbegünstigten nicht entgegengehalten werden, wenn er der K...