Rn 2

Abs 1 bestimmt, dass die Neufassung der EuGVO (VO 1215/2012) nur auf solche ›Verfahren‹ Anwendung findet, die nach dem 10.1.2015 (entspricht dem zeitlichen Geltungsbereich nach Art 81 II) ›eingeleitet‹ worden sind. Zwar hat man damit die vorherige Wendung von der ›erhobenen Klage‹ aufgegeben, doch liegt darin wohl eine Angleichung an die schon in der Ursprungsfassung der EuGVO verwendete englische Terminologie (›proceedings instituted‹). Der somit nach wie vor maßgebliche Zeitpunkt der Klageerhebung kann aufgrund der systematischen Stellung dieser Norm wohl nicht nach Art 32 I bemessen werden. Hier wird teils eine analoge Heranziehung verfochten (Kropholler/v Hein Rz 2), teils auf das Prozessrecht des angerufenen Gerichts (in Deutschland also auf §§ 253, 261 ZPO) verwiesen (so ThoPu/Hüßtege Rz 2; Rauscher/Staudinger Rz 2). Die Klage muss nach dem danach jeweils maßgeblichen Zeitpunkt erhoben sein; bei Klageerhebung mangelnde internationale Zuständigkeit kann also nicht durch Inkrafttreten der Neufassung während des Verfahrens geheilt werden (Gebauer/Wiedmann/Gebauer/Berner Rz 3; Rauscher/Staudinger Rz 3). Der Zeitpunkt der Klageerhebung ist auch für die Beurteilung von Gerichtsstandsvereinbarungen entscheidend (näher Rauscher/Staudinger Rz 5 ff). Bei Urkunden und Prozessvergleichen muss die Aufnahme am oder nach dem Stichtag erfolgt sein. Schlussendlich unterliegt nicht nur die Frage der internationalen Zuständigkeit, sondern auch diejenige der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen aus anderen Mitgliedstaaten insoweit der VO 1215/2012, als diese aufgrund einer nach deren Inkrafttreten erhobenen Klage ergangen sind. Dabei ist dem Wortlaut der Norm nicht zu entnehmen, ob insoweit das Inkraftsein bei Klageerhebung nur im Urteilsstaat ausreicht oder ob dieses auch im Anerkennungs- bzw Vollstreckungsstaat erforderlich ist (Letzteres zum Parallelproblem bei Art 66 I aF annehmend Becker/Müller IPRax 06, 432, 436; Kropholler/v Hein Rz 2a). Für die vergleichbare Problematik des Art 66 II aF hat der EuGH (C-514/10 – Wolf Naturprodukte/SEWAR, EuZW 12, 626 mit Anm Thomale IPRax 14, 239) bzgl des Inkrafttretens kumulativ auf Urteils- und Anerkennungs- bzw Vollstreckungsstaat abgestellt.

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