Prof. Dr. Boris Schinkels
A. (Intertemporaler) Normgegenstand.
Rn 1
Das AVAG verdrängt als lex specialis das Verfahren nach § 722 f ZPO. In der ersten Fassung vom 30.5.88 (BGBl I, 662) war es ab dem 8.6.88 anwendbar. Es diente zunächst vorrangig der Umsetzung des EuGVÜ und des LuGÜ (zu weiteren völkerrechtlichen Verträgen vgl § 1). Die mit der Neufassung v 19.2.01 (in Kraft ab 1.3.01) einbezogene Ursprungsversion der EuGVO (VO 44/2001 – Brüssel I) wurde durch § 55 aF als Sonderfall behandelt. Die Durchführung der Neufassung der EuGVO (VO 1215/2012 – Brüssel Ia) ist hingegen den zum 10.1.15 in Kraft getretenen §§ 1110 ff ZPO überantwortet. Nunmehr gelten die §§ 55 ff nF für das LuGÜ 2007. Auch die Brüssel II-Verordnung 1347/2000 wurde zunächst aufgenommen. Ehesachen fallen allerdings seit 1.3.05 (Gesetz v 26.1.05) nicht mehr unter das AVAG; hierfür ist das IntFamRVG maßgeblich. Weitere Änderungen brachte das Gesetz zur Durchführung des Haager Übereinkommens vom 2.7.19 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen […] vom 7.11.22: § 58 wurde neu gefasst sowie Abschn 8 und ein neuer § 59 eingefügt.
B. Einzelfragen der Klauselerteilung.
I. Anwendungsbereich.
Rn 2
Der Anwendungsbereich folgt aus § 1.
II. Zuständigkeit.
Rn 3
Die Zuständigkeit für die Vollstreckbarerklärung (vgl § 3) ist in der Beschwerdeinstanz überprüfbar.
III. Voraussetzungen der Klauselerteilung.
Rn 4
Die Voraussetzungen folgen zunächst aus den in § 1 I aufgeführten Vertragswerken. Diese werden durch Vorgaben des AVAG ergänzt. Zu den Voraussetzungen zählen der Antrag eines aus dem Titel als Berechtigten Ausgewiesenen (§ 4), die nach dem auf seine Anwendbarkeit zu überprüfenden Regelungswerk iSv § 1 I vorzulegenden Urkunden sowie das Fehlen von Anerkennungsversagungsgründen.
IV. Verfahren; Entscheidung; Klausel.
Rn 5
Das Verfahren kennt keinen Anwaltszwang; eine Entscheidung ergeht grds ohne Anhörung des Antragsgegners und ohne mündliche Verhandlung (§ 6) in der Form des Beschlusses (§ 8); die Erteilung der Vollstreckungsklausel ist in § 9 ausgestaltet.
V. Rechtsbehelfe.
Rn 6
Das AVAG kennt insb die befristete Beschwerde beim OLG (§§ 11–14) gegen den Beschl nach § 8 sowie gegen den Beschl des Beschwerdegerichts die Rechtsbeschwerde beim BGH nach §§ 15–17, welche in der Notfrist von einem Monat zu erheben ist. Ist der ausländische Titel aufgehoben oder geändert worden, kommt ein Aufhebungs- bzw Änderungsantrag gem § 27 in Betracht.