Gesetzestext
(1) 1Ist die Rechtsgrundlage für die Übermittlung personenbezogener Daten nicht in den Vorschriften enthalten, die das Verfahren der übermittelnden Stelle regeln, sind für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Übermittlung die §§ 23 bis 30 nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuwenden. 2Hat der Empfänger auf Grund der übermittelten Daten eine Entscheidung oder andere Maßnahme getroffen und dies der betroffenen Person bekannt gegeben, bevor ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt worden ist, so wird die Rechtmäßigkeit der Übermittlung ausschließlich von dem Gericht, das gegen die Entscheidung oder Maßnahme des Empfängers angerufen werden kann, in der dafür vorgesehenen Verfahrensart überprüft.
(2) 1Wird ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt, ist der Empfänger zu unterrichten. 2Dieser teilt dem nach § 25 zuständigen Gericht mit, ob die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 vorliegen.
(3) 1War die Übermittlung rechtswidrig, so spricht das Gericht dies aus. 2Die Entscheidung ist auch für den Empfänger bindend und ist ihm bekannt zu machen. 3Die Verarbeitung der übermittelten Daten ist unzulässig, wenn die Rechtswidrigkeit der Übermittlung festgestellt worden ist.
Rn 1
In § 22 wird der Rechtsschutz des von der Übermittlung seiner personenbezogenen Daten betroffenen Personen geregelt. Wegen der Subsidiarität der §§ 12–22 (s § 12 Rn 3) richtet sich der Rechtsschutz primär nach den bereichsspezifischen Regeln. Fehlt – wie im Normalfall – eine solche Regelung, kann die Zulässigkeit der Datenübermittlung durch das OLG nachgeprüft werden.
Rn 2
Die Übermittlung personenbezogener Daten ist eine ›sonstige Maßnahme‹ einer Justizbehörde iSd § 23 I und somit ein Justizverwaltungsakt. Die Verweisung in § 22 auf die §§ 23 ff bezieht sich aber nur auf die Datenübermittlung selbst, nicht auf die Auskunftserteilung nach § 21. Die Entscheidung, einen Auskunftsantrag – aus welchen Gründen auch immer – abzulehnen, ist zwar auch ein Justizverwaltungsakt, doch ergibt sich dies aus der allgemeinen Definition des Begriffs ›Justizverwaltungsakt‹ iSd § 23 (s § 23 Rn 6 und § 21 Rn 11).
Rn 3
Das OLG prüft im Verfahren nach §§ 23 ff, ob für die Datenübermittlung die Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben waren. In Ausnahmefällen kann auch durch eine einstweilige Anordnung der Empfangsbehörde die Verwertung der übermittelten Daten einstweilen untersagt werden (s § 28 Rn 11). Für einen vorbeugenden Unterlassungsantrag oder eine einstweilige Anordnung, die dem Gericht die Übermittlung von personenbezogenen Daten untersagt, wird das dafür notwendige qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis fehlen (Wollweber NJW 97, 2488, 2490).
Rn 4
Der Rechtsschutz nach §§ 23 ff ist jedoch in zweifacher Hinsicht eingeschränkt, um eine Doppelgleisigkeit und widersprechende Entscheidungen zu verhindern:
1. |
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nicht zulässig, wenn die Datenübermittlung aufgrund (›bereichsspezifischer‹) Verfahrensvorschriften für die übermittelnde Stelle erfolgt und diese Vorschriften auch den Rechtsschutz gegen die Übermittlung regeln. |
2. |
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nicht zulässig, wenn die empfangende Stelle oder die von ihr unterrichtete Behörde (Stuttg NJW 05, 3226 [OLG Stuttgart 18.08.2005 - 4 VAs 12/05]) bereits aufgrund der Daten eine Entscheidung oder Maßnahme getroffen und dies der betroffenen Person bekannt gegeben hat. War die Übermittlung rechtswidrig, hätte die Empfangsbehörde die übermittelten Daten nicht verwerten dürfen. Die Rechtmäßigkeit der Übermittlung wird als Vorfrage beim Verfahren über die Rechtsmäßigkeit der von der Empfangsbehörde getroffenen Entscheidung oder Maßnahme geprüft. |
Rn 5
Trifft die Empfangsbehörde während eines eingeleiteten Verfahrens nach §§ 23 ff eine Entscheidung oder Maßnahme und gibt sie dies der betroffenen Person bekannt, berührt das die Zulässigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung nicht. Das Verfahren wird auch nicht an das für die Anfechtung der Entscheidung oder Maßnahme der Empfangsbehörde zuständige Gericht verwiesen. Dieses ist vielmehr an die isolierte Entscheidung über die Zulässigkeit der Mitteilung und an das sich daraus ggf ergebende Verwertungsverbot (Abs 3) gebunden (KK-StPO § 22 EGGVG Rz 9; aA Zö/Lückemann § 22 EGGVG Rz 4).
Rn 6
Die Unterrichtung der Empfangsbehörde nach Abs 2 S 1 obliegt dem OLG (§ 25). Sie dient der Überprüfung der Voraussetzungen des Abs 1 S 2, soll aber gleichzeitig der Empfangsbehörde Gelegenheit zur Stellungnahme geben.
Rn 7
Der Abs 3 regelt im S 1 den Tenor der Entscheidung des Oberlandesgerichts bei einem begründeten Antrag abw von § 28 I. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist für die Empfangsbehörde bindend (Abs 3 S 2), die Verwertung der übermittelten Daten unzulässig (Abs 3 S 3).