1. Vermögensrechtliche Streitigkeiten bis 750 EUR.
Rn 3
Ein obligatorisches Güteverfahren kann eingeführt werden in vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor dem Amtsgericht bei Streitwerten bis einschließlich 750 EUR (Nr 1). In diesen Fällen steht die wirtschaftliche Bedeutung der Sache in keinem angemessenen Verhältnis zum Kosten- und Zeitaufwand eines gerichtlichen Verfahrens (BTDrs 14/980, 6). Die Bemessung des Gegenstandswerts richtet sich nach §§ 3 ff ZPO. Steht der Kl der Durchführung eines Güteverfahrens skeptisch ggü, kann er durch Einleitung eines Mahnverfahrens ein obligatorisches Güteverfahren umgehen (s.a. Rn 7). Vermögensrechtliche Ansprüche sind solche, die selbst eine vermögenswerte Leistung zum Gegenstand haben, ohne dass es darauf ankommt, ob sie einem vermögensrechtlichen Rechtsverhältnis entstammen (BGHZ 14, 71, 74).
2. Nachbarrechtliche Streitigkeiten.
Rn 4
Vom Anwendungsbereich erfasst sind ferner bestimmte nachbarrechtliche Streitigkeiten (Nr 2). Eine konsensuale Streitbeilegung iRe Schlichtungsverfahrens ist hier besser geeignet als ein gerichtliches Verfahren, die nachbarlichen Sozialbeziehungen wiederherzustellen. Ansprüche nach § 906 BGB und nach landesgesetzlichen Vorschriften iSd Art 124 EGBGB sind nur dann vom Anwendungsbereich umfasst, wenn ihnen nicht Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb zugrunde liegen (vgl BGH NJW 05, 501, 503 [BGH 01.12.2004 - XII ZR 3/03]). In diesen Fällen fehlt es regelmäßig an einer persönlich geprägten nachbarschaftlichen Beziehung, so dass die Rechtfertigung für ein obligatorisches Güteverfahren entfällt. Überdies sind häufig Sachverständigengutachten einzuholen und schwierige Rechtsfragen zu klären (BTDrs 14/980, 6). Auf den Streitwert kommt es bei Nr 2 nicht an. Erfasst sind nicht nur nachbarrechtliche Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche aus § 910 BGB, sondern auch alle vermögensrechtlichen Schadensersatzansprüche, insb Zahlungsansprüche (BGH NJW-RR 17, 443, 444), soweit sie in § 910 BGB ihre Grundlage haben (BVerfG Beschl v 25.2.09 – BvR 3598/08, Rz 14 – juris; Frankf aM NJOZ 08, 1996, 1998; zum Umfang des ersatzfähigen Schadens vgl auch AG Nürnberg MDR 02, 1189 [AG Nürnberg 09.04.2002 - 14 C 8577/01]). Auch Beseitigungsansprüche aus § 1004 BGB und Ansprüche aus unerlaubter Handlung fallen unter diese Norm, wenn sie mit einer nachbarrechtlichen Streitigkeit in engem Zusammenhang stehen (Köln Beschl v 18.1.06 – 2 U 113/05, Rz 4 – juris; LG Bückeburg Urt v 7.11.12 – 1 S 40/12, Rz 15 – juris).
3. Streitigkeiten wegen Ehrverletzungen.
Rn 5
Die Öffnungsklausel betrifft ferner Streitigkeiten wegen Ehrverletzungen, soweit diese nicht in der Presse oder im Rundfunk begangen worden sind (Nr 3), nicht aber generell sämtliche Ansprüche, mit denen die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geltend gemacht wird (BGH NJW-RR 08, 1662, 1663 [BGH 08.07.2008 - VI ZR 221/07]). Unbeachtlich ist, auf welche zivilrechtliche Anspruchsgrundlage der Anspruch gestützt wird und welchen Inhalt er hat. Auch der Streitwert ist unmaßgeblich. Die Anordnung eines Schlichtungsverfahrens ist gerechtfertigt, weil es sich in aller Regel um in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfach gelagerte Konflikte handelt, solange die Ehrverletzung keine weite Verbreitung gefunden hat (BTDrs 14/980, 6). Ausgenommen sind daher – ungeachtet des engeren Wortlauts – in den Medien (einschließlich Internet, auch mittels Facebook durch eine Privatperson) begangene Ehrverletzungen (LG Duisburg Urt v 2.9.08 – 13 S 140/08, Rz 5 – juris; LG Kiel Beschl v 3.1.14 – 10 T 29/13 – juris).
4. Streitigkeiten wegen Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot.
Rn 6
Die Ermächtigung, ein obligatorisches Güteverfahren einzuführen, wurde durch Gesetz vom 14.8.06 (G zur Umsetzung der Europäischen Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, BGBl I 06, 866) auf Ansprüche wegen Verletzung des zivilrechtlichen Benachteiligungsverbots (§ 21 AGG) erstreckt (Nr 4).