Gesetzestext
Dieses Gesetz gilt für das Verfahren in Familiensachen sowie in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit sie durch Bundesgesetz den Gerichten zugewiesen sind.
A. Zweck der Vorschrift.
Rn 1
Die Vorschrift bestimmt, auf welche Angelegenheiten das FamFG anwendbar ist. Das sind die im FamFG geregelten Familiensachen, ferner die durch Bundesgesetz bestimmten Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die nicht allg definiert werden können (dazu Einleitung Rn 3 ff) und daher dem FamFG kraft Gesetzes einzeln unterstellt werden mussten (Begr zu § 1 RegE in BTDrs 16/6308 S 174 f).
B. Erfasste Angelegenheiten.
I. Familiensachen.
Rn 2
Familiensachen sind alle Angelegenheiten, die im 2. Buch des FamFG geregelt sind, auch wenn sich ihr Verfahren gem § 113 Abs 1 S 1 zT nach den Regeln der ZPO richtet.
II. Freiwillige Gerichtsbarkeit.
1. Zuweisung durch Bundesgesetz.
Rn 3
Abgesehen von den Büchern 3–8 des FamFG sind dem Regime der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine Reihe von weiteren Angelegenheiten durch Bundesgesetz zugewiesen.
Es handelt sich insbesondere um die Hilfe zur Erziehung nach §§ 27 ff SGB VIII (v 26.6.90 [BGBl I, 1163], zuletzt geändert durch Art 12 Abs 24 Gesetz v 21.12.22 [BGBl I, 2824]), die Aufgaben nach dem PStG (v 19.2.07 [BGBl I, 122], zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.7.23 [BGBl I, Nr 190), die Führung des Seeschiffs- und Binnenschiffsregisters nach der SchRegO (v 19.12.40 [RGBl I, 1591] idF der Bekanntmachung vom 26.5.94 [BGBl I, 1113], zuletzt geändert durch Gesetz vom 31.10.22 [BGBl I, 1966]), die Führung des Registers für Pfandrechte an Luftfahrzeugen (LuftFzRG v 26.2.59 [BGBl. I, 57], zuletzt geändert durch Art 15 Abs 19 des Gesetzes vom 4.5.21 [BGBl I, 882]), die Führung des Grundbuchs nach der GBO (v 26.5.94, [BGBl I, 1114], zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.12.22 [BGBl I, 2606], dazu Hügel/Holzer § 1 Rz 36 f), das Aufgebotsverfahren nach dem VerschG (v 15.1.51 [BGBl I, 63], zuletzt geändert durch Art 182 der Verordnung vom 31.8.15 (BGBl I, 1474), das Verfahren nach dem TSG (v 10.9.80 [BGBl I, 1654], zuletzt geändert durch Art 2 Abs 3 des Gesetzes vom 20.7.17 (BGBl I, 2787); es war beabsichtigt, das TSG aufzuheben und die Verfahrensvorschriften in die neuen §§ 409a ff FamFG zu übernehmen), das Verfahren nach dem BerHG (v 18.6.80 (BGBl I, 689), zuletzt geändert durch Art 12 des Gesetzes vom 25.6.21 [BGBl I, 2154], das Verfahren nach dem KonsG (v 11.9.74 (BGBl I, 2317), zuletzt geändert durch Art. 20b des Gesetzes vom 28.3.21 (BGBl I, 591) und das Verfahren nach dem KErzG (v 15.7.21 (RGBl, 939), zuletzt geändert durch Art Art 15 Abs 21 des Gesetzes vom 4.5.21 I [BGBl I, S 882]).
Rn 4
§ 312 Nr 3 weist auch freiheitsentziehende Unterbringungen nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu. Trotz der Regelung im Landesrecht (zu Bayern Holzer KJ 18, 150 ff) handelt es sich um eine bundesrechtliche Zuweisung iSd § 1 (Begr zu § 1 RegE in BTDrs 16/6308, S 175). Nichts anderes gilt, soweit das Landesrecht nach § 490 Sonderregelungen zu Aufgebotsverfahren trifft, die nach Buch 8 des FamFG der freiwilligen Gerichtsbarkeit unterstellt sind.
Rn 5
Auch Zuständigkeitsbestimmungen, zu denen die Länder durch Bundesrecht iSd § 485 iVm Art 1 Abs 2, Art 2 und 50 EGBGB ermächtigt sind, stehen der Geltung des FamFG nicht entgegen (dazu Holzer/Holzer § 485 Rz 4; § 1 Rz 14). Die Länder können ferner nach § 486 Abs 1 in den dort genannten Fällen die Vorschriften des FamFG für anwendbar erklären oder ergänzende Vorschriften erlassen (§ 486 Abs 2, dazu Holzer/Holzer § 486 Rz 2 ff).
2. Zuweisung nach Landesrecht.
Rn 6
Der Landesgesetzgeber kann landesgesetzlich geregelte Angelegenheiten dem Regime der freiwilligen Gerichtsbarkeit unterstellen. In Bayern ist das bspw nach Art 73 Abs 3 des BayAGBGB (v 20.9.1982 [BayRS IV S 571, bereinigt BayRS 400–1-J], zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.22 [GVBl. S 718]) für das Verfahren zur Erteilung von Unschädlichkeitszeugnissen (dazu Hügel/Holzer § 27 Rz 20 mwN) erfolgt, ferner die zu Unrecht in die Kritik geratene Erbenermittlung nach Art 73 Abs 1 BayAGGVG (Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen des Bundes (Gerichtsverfassungsausführungsgesetz), BayJS 300–1–1-J, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.12.22 (GVBl S 714), dazu Holzer ZNotP 19, 432 ff).
C. Zuweisung an die Gerichte.
Rn 7
Das FamFG gilt für Familiensachen und die Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nur insoweit, als sie durch Bundesgesetz den Gerichten zugewiesen sind. Das ist bei allen in Rn 2 ff genannten Angelegenheiten der Fall. Falls nach Landesrecht in Übereinstimmung mit § 488 Abs 1 andere als gerichtliche Behörden zuständig sind, ist das FamFG mit bestimmten Einschränkungen auch für das Verfahren vor diesen anwendbar (Holzer/Holzer § 488 Rz 2 f).
Das FamFG gilt auch für einzelne Angelegenheiten des Bürgerlichen Rechts, die nach § 23a Nr 11 GVG den Amtsgerichten zugewiesen sind (zB Bewilligung der öffentlichen Bekanntmachung nach § 179 Abs 2 BGB, dazu Prütting/Helms/Prütting § 1 Rz 14). Der Gesetzgeber sollte dies durch Aufnahme dieser Angelegenheiten in den Katalog der ›weiteren Ver...