Prof. Dr. Caroline Sophie Rupp
Rn 1
§ 108 regelt die Anerkennung ausl Entscheidungen, die nicht Ehesachen iSd § 107 oder nach § 1 II AdWirkG eine Anerkennungsfeststellung durch das Familiengericht erfordernde ausländische Adoptionsentscheidungen sind. Vor dem 1.4.21 eingeleitete Verfahren zur Anerkennung ausländischer Adoptionsentscheidungen unterliegen weiterhin der aF des § 108 sowie des AdWirkG (§ 9 AdWirkG).
I. Vorrangige Rechtsakte.
Rn 2
Nach § 97 I 1 in ihrem Anwendungsbereich vorrangige Staatsverträge:
- Sorgerechtliche Schutzmaßnahmen für Kinder m gewöhnl Aufenthalt in einem Vertragsstaat sind nach dem KSÜ in anderen Vertragsstaaten grds automatisch anzuerkennen, Art 23 ff KSÜ. Für fakultative Anerkennungsfeststellungsverfahren (Art 24 KSÜ) greifen § 32 iVm §§ 16 ff IntFamRVG. Das MSA normiert in Art 7 S 1 MSA eine Anerkennungspflicht für Maßnahmen aus Vertragsstaaten, wobei zu vollstreckende Maßnahmen nach autonomem bzw staatsvertraglichem IZVR anzuerkennen sind (Art 7 S 2 MSA).
- Die Anerkennung v Sorgerechtsentscheidungen zwischen Vertragsstaaten regeln Art 7 ff EuSorgeRÜ, Ausführungsbestimmungen dazu enthalten § 32 iVm §§ 16 ff IntFamRVG. Die Anerkennung nach anderen Regeln ist nicht ausgeschlossen (Art 19 EuSorgeRÜ).
- Minderjährigenadoptionen aus HAdoptÜ-Vertragsstaaten werden nach Art 23 ff HAdoptÜ aufgrund Bescheinigung kraft Gesetzes anerkannt. Die Überprüfung der Bescheinigung regelt § 9 AdÜbAG. Ein Anerkennungsfeststellungsverfahren nach § 2 AdWirkG bleibt möglich (AG Düsseldorf FamRZ 18, 1423).
- Erwachsenenschutzmaßnahmen aus anderen Vertragsstaaten sind nach Art 22 ff ESÜ grds automatisch anzuerkennen, Details zum fakultativen Anerkennungsfeststellungsverfahren (Art 23 ESÜ) regeln §§ 8 ff ErwSÜAG.
- Die Anerkennung v Unterhaltsentscheidungen aus Island, Norwegen u der Schweiz richtet sich nach Art 32 ff LugÜ (Grundsatz der automatischen Anerkennung).
- Unterhaltsentscheidungen aus HaagUntÜ-Vertragsstaaten sind nach Art 19 ff HaagUntÜ anzuerkennen. In Altfällen können noch Art 4 ff HUVÜ maßgeblich sein.
Ferner können bilaterale Anerkennungs- u Vollstreckungsabkommen beachtlich sein (vgl MüKoFamFG/Rauscher § 97 Rz 38, § 108 Rz 8), etwa das deutsch-türkische Nachlassüb v 1929.
Rn 3
Nach § 97 I 2 vorrangig zu berücksichtigende europäische Rechtsakte:
- Art 30 ff Brüssel IIb-VO gelten für Entscheidungen sowie öffentliche Urkunden u vollstreckbare Parteivereinbarungen (Art 64 ff Brüssel IIb-VO) betr die elterliche Verantwortung (§ 99 Rn 3) aus anderen EU-MS (mit Ausnahme einstw Maßnahmen nach Art 15 Brüssel IIb-VO, EuGH NJW 10, 2861 [EuGH 15.07.2010 - Rs. C-256/09] – Purrucker = ECLI:EU:C:2010:437). Diese sind nach Art 30 I Brüssel IIb-VO grds automatisch anzuerkennen. Neben der Inzidentanerkennung (Art 30 V Brüssel IIb-VO) ist fakultativ ein Anerkennungsverfahren vorgesehen (Feststellungsentscheidung nach Art 30 III, IV Brüssel IIb-VO, Verfahren nach § 32 iVm §§ 16 ff IntFamRVG).
- Schutzmaßnahmen iSd EuGewSchVO sind nach Art 4 I EuGewSchVO im Durchsetzungsstaat automatisch anzuerkennen u vollstreckbar, wenn eine Bescheinigung nach Art 5 EuGewSchVO vorliegt.
- Art 16 ff EuUntVO sind vorrangig für Entscheidungen sowie gerichtliche Vergleiche u öffentliche Urkunden (Art 48 I EuUntVO) aus MS, wobei zwischen durch das HUntProt gebundenen (Art 17 ff EuUntVO) u nicht gebundenen (Art 23 ff EuUntVO) MS differenziert wird. Es gilt der Grundsatz der automatischen Anerkennung (Art 17 I, Art 23 EuUntVO).
- Nach Art 39 ff EuErbVO sind Entscheidungen aus anderen MS ohne besonderes Verfahren anzuerkennen. Für öffentliche Urkunden gilt Art 59 EuErbVO.
- Art 36 ff EuGüVO/EuPartVO regeln die grds automatische Anerkennung v Entscheidungen aus anderen teilnehmenden MS, öffentliche Urkunden unterliegen Art 58 EuGüVO/EuPartVO.
II. Autonomes Recht.
Rn 4
Die Anerkennung nach autonomem Recht erfasst alle anderen wirksamen ausländischen Entscheidungen (Rechtskraft nicht zwingend, BGHZ 118, 312, 318; offenlassend BGH NJW 19, 3575, 3578). Ggü § 328 ZPO ist danach abzugrenzen, ob ein deutsches Gericht im Wege der freiwilligen Gerichtsbarkeit entschieden hätte (BGH NJW 19, 3575, 3576 [BGH 16.05.2019 - V ZB 101/18]; Schulte-Bunert/Weinreich/Martiny Rz 21).
Rn 5
Sachlich erfasst das insb (ausf Fallgruppen bei Sternal/Dimmler Rz 15 ff; BeckOKFamFG/Sieghörtner Rz 34 ff)
- (Erwachsenen-)Adoptionen (BGH NJW 20, 3026; Vertragsadoptionen nur bei staatlicher Beteiligung, Ddorf FamRZ 11, 1522, 1523; Köln NZFam 19, 649; Schulte-Bunert/Weinreich/Martiny Rz 26), wobei die Anerkennung übereinkommenswidriger HAdoptÜ-Adoptionen nach autonomem Recht str ist (ablehnend Schlesw FamRZ 14, 498; BeckOKFamFG/Sieghörtner Rz 24 – befürwortend Celle FamRZ 17, 1503; Stuttg FamRZ 18, 362; Ddorf FamRZ 19, 611);
- die wenigen nicht v vorrangigen Regelungen erfassten Sorgerechts-, Umgangs- und Kindesherausgabeentscheidungen sowie Vormundschafts-, Pflegschafts-, Betreuungs- oder Entmündigungsentscheidungen (zB Anerkennung ägyptischer Sorgerechtsentscheidung Nürnbg FamRZ 21, 600 m Anm Rake);
- allgemeine nachlassgerichtliche Entscheidungen, nach hM nicht aber rein...