1. Aufenthalt mit allen gemeinschaftlichen minderjährigen Kindern (Nr 1).
Rn 10
Vorrangig stellt die Vorschrift auf den gewöhnlichen Aufenthalt eines der Ehegatten mit allen gemeinschaftlichen Kindern ab. Der Grund für die Mitberücksichtigung des Aufenthalts der Kinder besteht darin, dass das Gericht der Ehesache gem §§ 152 I, 153 auch für Kindschaftssachen zuständig ist, die die gemeinschaftlichen Kinder der Ehegatten betreffen; es wurde deshalb als sachgerecht erachtet, den Aufenthalt der Kinder mit heranzuziehen, um die erforderliche Kooperation zwischen dem Gericht und dem gem §§ 87b I, 86 I SGB VIII örtlich zuständigen JugA zu erleichtern (BGH FamRZ 87, 1020; FamRZ 84, 370 zu § 606 I 2 ZPO aF; Prütting/Helms/Helms § 122 Rz 23; Sternal/Weber § 122 Rz 4; J/H/A/Markwardt § 122 Rz 7).
Rn 11
Überwiegend wird vertreten, dass es ausschließlich auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Ehegatten ankommen soll (Hamm FamRZ 12, 645; Ddorf FamRZ 10, 1178; MüKoFamFG/Lugani § 122 Rz 24; Sternal/Weber § 122 Rz 4; FAKomm-FamR/Roßmann § 122 Rz 20; ThoPu/Hüßtege § 122 Rz 3). Dies wird uA mit dem Wortlaut der Vorschrift (›eines Ehegatten‹) begründet; aus der Gesetzesbegründung ergibt sich dies aber gerade nicht (BTDrs 16/6308, 226; iE ebenso Prütting/Helms/Helms § 122 Rz 25).
Rn 12
Gemeinschaftlich ist ein Kind, wenn die Ehegatten statusrechtlich Mutter und Vater sind (Prütting/Helms/Helms § 122 Rz 24; J/H/A/Markwardt § 122 Rz 7). Gemeinsame Kinder sind demzufolge auch scheineheliche Kinder, selbst wenn sie unstr nicht vom Ehemann abstammen (Zö/Lorenz § 122 Rz 10). Wird die Nichtehelichkeit nach Rechtshängigkeit festgestellt, hat dies keinen Einfluss mehr auf die örtliche Zuständigkeit, § 113 I 2 iVm § 261 III Nr 2 ZPO.
Rn 13
Die Vorschrift ist nicht einschlägig, wenn sich nur ein Teil oder nur die Mehrzahl der Kinder und die anderen Kinder bei dem anderen Ehegatten befinden. Gleiches gilt, wenn sich alle Kinder bei einem Dritten befinden (BGH NJW-RR 92, 902; FamRZ 87, 1020; Ddorf FamRZ 10, 1178: Pflegefamilie). Nach dem Wortlaut von Nr 1 (›mit allen‹) ist erforderlich, dass ein Ehegatte und die gemeinschaftlichen Kinder in einer Wohn- und Lebensgemeinschaft leben (MüKoFamFG/Lugani § 122 Rz 26; ThoPu/Hüßtege § 122 Rz 5; aA Prütting/Helms/Helms § 122 Rz 25; Sternal/Weber § 122 Rz 4). Lebt ein Teil der gemeinschaftlichen Kinder bei einem Ehegatten und der andere Teil bei Dritten, ist Nr 1 entspr anzuwenden (BGH FamRZ 84, 370 Rz 4 zu § 606 I 2 ZPO aF mwN; Sternal/Weber § 122 Rz 4).
2. Aufenthalt mit einem Teil der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder, sofern bei dem anderen Ehegatten keine gemeinschaftlichen Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (Nr 2).
Rn 14
Lebt nur ein Teil der gemeinschaftlichen Kinder bei einem Ehegatten, kann dies die örtliche Zuständigkeit des Gerichts begründen, wenn der andere Teil der Kinder bei Dritten lebt, namentlich den Großeltern, sonstigen Verwandten oder Pflegepersonen. Bei dem anderen Ehegatten darf also kein gemeinschaftliches Kind leben.
3. Letzter gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt der Ehegatten (Nr 3).
Rn 15
Ist eine Zuständigkeit nach Nr 1 oder Nr 2 nicht gegeben, kommt der Gerichtsstand von Nr 3 in Betracht. Maßgebend ist der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Ehegatten, sofern bei Eintritt der Rechtshängigkeit mindestens ein Ehegatte dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt (noch oder wieder) hat. Der Zuzug nach Rechtshängigkeit reicht nicht, § 113 I 2 iVm § 261 III Nr 2 ZPO (MüKoFamFG/Lugani § 122 Rz 34). Der (letzte) gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Ehegatten entspricht dem Mittelpunkt des Ehelebens, in dem sich die persönlichen, familiären und hauswirtschaftlichen Beziehungen der Ehegatten vereinen (Sternal/Weber § 122 Rz 6; MüKoFamFG/Lugani § 122 Rz 31). Bei beruflicher Abwesenheit (zB Seefahrer, Fernfahrer, Soldat im Auslandseinsatz) ist maßgebend, ob an einem Ort das gemeinsame Privatleben stattfindet (MüKoFamFG/Lugani § 122 Rz 32).
4. Gewöhnlicher Aufenthalt des Antragsgegners (Nr 4).
Rn 16
Greifen die vorhergehenden Gerichtsstände nicht ein, ist weiter auf Nr 4 abzustellen; zuständig ist danach das Gericht, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dieser muss im Inland liegen, auch wenn sich dies – anders als noch in § 606 II 2 ZPO aF – nicht mehr aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt (Prütting/Helms/Helms § 122 Rz 30; MüKoFamFG/Lugani § 122 Rz 35; Sternal/Weber § 122 Rz 7; Zö/Lorenz § 122 Rz 15; ThoPu/Hüßtege § 122 Rz 8). Hieran fehlt es, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist (Prütting/Helms/Helms § 122 Rz 30 mwN; Sternal/Weber § 122 Rz 7 mwN).
5. Gewöhnlicher Aufenthalt des Antragstellers (Nr 5).
Rn 17
Der fünfte Rang knüpft an den gewöhnlichen Aufenthalt des ASt an. Stellen beide Ehegatten einen Antrag, ist das zuerst angerufene Gericht zuständig (ausdr J/H/A/Markwardt § 122 Rz 11). Zur Zuständigkeit nach Nr 4, 5 in den Fällen der Antragstellung durch eine Verwaltungsbehörde oder eines Dritten (in den Fällen des § 1306) in einem Eheaufhebungsverfahren gem § 1316 I Nr 1 vgl MüKoFamFG/Lugani § 122 Rz 36 f).
6. Aufenthalt eines minderjährigen Ehegatten (Nr 6).
Rn 18
Aufgrund des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen vom 17.7.17 (BGBl I, 2429) wurde die Nr 6 eingefügt. Die besondere örtliche Zuständigkeit ist parallel zur internationalen Zuständigkeit nach § 98 II für den Fall begründet worden, dass ein ASt noch keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat (BTDrs 18/12086, 26). In diesem Fall ist auf den ›schlichten‹ (vg...