Rn 2
Verfahrensfähigkeit ist die Fähigkeit, Verfahrenshandlungen selbst oder durch einen selbst bestellten Verfahrensbevollmächtigten vornehmen oder entgegennehmen zu können (§ 50 ZPO Rn 10). Es handelt sich um eine Verfahrensvoraussetzung, die das Gericht in jeder Lage des Verfahrens gem § 56 I ZPO vAw zu prüfen hat (§ 50 ZPO Rn 11). Gem § 52 ZPO ist nur eine geschäftsfähige Person prozessfähig, kann also im eigenen Namen als Kläger oder Beklagter an einem Rechtsstreit teilnehmen. Demgegenüber kann nach § 125 Abs 1 in Ehesachen auch ein beschränkt geschäftsfähiger Ehegatte verfahrensfähig sein. Beschränkt geschäftsfähig sind die Minderjährigen ab einem Alter von 7 Jahren bis zur Volljährigkeit, §§ 2, 106 BGB.
Rn 3
Die Vorschrift ist zum einen im Zusammenhang mit § 1303 BGB zu sehen, wonach zwar eine Ehe nicht vor Eintritt der Volljährigkeit eingegangen werden soll (Abs 1), das Familiengericht aber auf Antrag von dieser Vorschrift Befreiung erteilen kann, wenn der ASt das 16. Lebensjahr vollendet hat und sein künftiger Ehegatte volljährig ist (Abs 2). Zum anderen ist in § 1316 II 2 BGB ausdrücklich geregelt, dass ein beschränkt geschäftsfähiger minderjähriger Ehegatte einen Antrag auf Aufhebung der Ehe nur selbst stellen kann und er dazu nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters benötigt. Insofern respektiert das Gesetz die Entscheidungsfähigkeit eines beschränkt geschäftsfähigen Ehegatten in seinen persönlichen Eheangelegenheiten, und zwar unabhängig davon, ob er als ASt oder Antragsgegner auftritt (vgl Musielak/Borth/Frank/Borth § 125 Rz 1; Sternal/Weber § 125 Rz 4; J/H/A/Markwardt § 125 Rz 2; Prütting/Helms/Helms § 125 Rz 2; FAKomm-FamR/Roßmann § 125 Rz 7).
Rn 4
Die Verfahrensfähigkeit beschränkt Geschäftsfähiger gilt für alle Verfahrenshandlungen, die mit der jeweiligen Ehesache zusammenhängen und umfasst insbesondere die Erteilung einer Verfahrensvollmacht an einen Anwalt, den Abschluss eines Anwaltsvertrages, die Einzahlung der angeforderten Gerichtskosten und die Betreibung des Kostenfestsetzungsverfahrens (vgl Zö/Lorenz § 125 Rz 2 mwN).
Rn 5
Gem § 1825 I 3 BGB stehen unter Betreuung stehende Menschen beschränkt Geschäftsfähigen gleich, wenn sich der Einwilligungsvorbehalt auf Verfahren in Ehesachen erstreckt. Das könnte zur Folge haben, dass auch hier § 125 I anzuwenden wäre, soweit kein Fall der Geschäftsunfähigkeit iSv § 104 Nr 2 BGB vorliegt. Doch wird gem § 53 ZPO im Interesse einer einheitlichen Verfahrensführung die Handlungsmacht eines Betreuten durch die Vertretungsmacht des Betreuers verdrängt, wenn dessen Aufgabenkreis die Führung des Prozesses umfasst (unabhängig von der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts) und er im Namen des Betreuten klagt oder in den Prozess eintritt. Diese Grundsätze finden auch auf Ehesachen Anwendung. Unter den Voraussetzungen des § 53 ZPO wird daher für Betreute § 125 I verdrängt, und es findet § 125 II Anwendung (Prütting/Helms/Helms § 125 Rz 3; Zö/Lorenz § 125 Rz 3; BGH BGHZ 41, 303; FamRZ 87, 928; Hamm FamRZ 97, 301). Ist für einen minderjährigen Ehegatten, der das 17. Lebensjahr vollendet hat, nach § 1814 V BGB vorsorglich ein Betreuer bestellt worden, hat dieser das Verfahren zu führen, wenn die Ehesache zu seinem Aufgabenkreis gehört.