Rn 11
Sind gemeinschaftliche minderjährige Kinder vorhanden, hat das Gericht die Ehegatten auch zur elterlichen Sorge und zum Umgangsrecht anzuhören und auf bestehende Möglichkeiten der Beratung hinzuweisen. Mit dieser Anhörungspflicht nimmt der Gesetzgeber die gemeinsamen minderjährigen Kinder der Ehegatten in den Blick, die unter der Trennung und Scheidung ihrer Eltern regelmäßig ganz besonders leiden. Hintergrund dieser Anhörungspflicht ist, dass seit Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes zum 1.7.98 (BGBl I, 2942) nur noch auf einen entsprechenden Antrag der Eltern zusammen mit der Scheidung eine Regelung der elterlichen Sorge getroffen wird (§ 1671 I BGB, § 137 III) und die bis dahin in § 623 III 1 ZPO aF enthaltene Regelung, wonach es für die Regelung der elterlichen Sorge zusammen mit der Scheidung eines Antrags nicht bedarf, entfiel (BTDrs 13/4899, 122). Um gleichwohl auf einen möglichen Regelungsbedarf reagieren zu können, wurde gleichzeitig § 622 II Nr 1 ZPO aF (wie auch § 630 I Nr 2 ZPO aF für die einverständliche Scheidung) dahin ergänzt, dass in der Antragsschrift anzugeben ist, ob gemeinschaftliche minderjährige Kinder vorhanden sind (diese Regelung entspricht § 133 I Nr 1). Nach Einleitung des Scheidungsverfahrens informieren die Gerichte das zuständige Jugendamt, § 17 III SGB VIII, das die Eltern über das Leistungsangebot der Jugendhilfe iSv § 17 II SGB VIII (Beratung bei Trennung und Scheidung) unterrichten soll. Die Anhörungspflicht des Gerichts ermöglicht es, mit den Eltern die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten der elterlichen Sorge und des Umgangs für die Zeit nach der Scheidung zu besprechen, ihr Bewusstsein für die eigenverantwortlich zu treffende Regelung zu schärfen und sie nochmals auf die Beratungsangebote des Jugendamts aufmerksam zu machen. Insb wird den Eltern aufzuzeigen sein, welche Befugnisse der jeweils betreuende Elternteil auch bei fortbestehender gemeinsamer Sorge hat und welche Möglichkeiten das Gesetz ihnen auch bei Uneinigkeit selbst über bedeutsame Angelegenheiten der elterlichen Sorge bietet, § 1687 I 1, 2 BGB. UU kann das Ergebnis der Anhörung auch Anlass für die Einleitung eines Verfahrens nach §§ 1666, 1666a BGB sein (Musielak/Borth/Frank/Borth § 128 Rz 11). Die Anhörung zum Umgangsrecht sollte den Eltern zudem verdeutlichen, dass Kinder gem § 1684 I BGB ein eigenes Recht auf Umgang mit beiden Eltern haben und der Umgang mit beiden Elternteilen zum Wohl des Kindes gehört, § 1626 III 1 BGB. In diesem Zusammenhang kann auch der Umgang mit weiteren Bezugspersonen iSv § 1685 BGB thematisiert werden. Zugleich sollte auch auf die Beratungsangebote des Jugendamts nach § 18 III SGB VIII hingewiesen werden (vgl MüKoFamFG/Lugani § 128 Rz 17), zumal die (erfolglose) Inanspruchnahme dieser Beratungsangebote uU Voraussetzung für die Bewilligung von VKH für ein gerichtliches Umgangsverfahren sein kann (Köln FamRZ 13, 1241; aA zB Karlsr FuR 16, 307; Frankf FamRZ 17, 1585; Köln FamRZ 16, 1193).