1. Verhältnis von § 130 zu §§ 117 II 1 iVm § 539 ZPO.
Rn 9
Für das Beschwerdeverfahren gelten gem § 68 III 1 die Vorschriften des über das Verfahren im ersten Rechtszug weiter, sodass § 130 auch im Beschwerdeverfahren uneingeschränkt zu berücksichtigen ist. Auf der anderen Seite ordnet § 117 II 1 in Ehe- und Familienstreitsachen die Vorschrift des § 539 ZPO im Beschwerdeverfahren ausdrücklich an. Damit entsteht ein Spannungsverhältnis zwischen § 130 einerseits und § 539 ZPO andererseits. Es ist zu differenzieren.
2. Der im Beschwerdeverfahren säumige Antragsteller.
Rn 10
Ist der säumige ASt Beschwerdeführer kann gegen ihn eine Säumnisentscheidung ergehen. Insoweit steht § 539 I ZPO im Einklang mit § 130 I. Anders als im erstinstanzlichen Verfahren liegt jetzt bereits eine – wenn auch nicht rechtskräftige – den Antrag des Beschwerdeführers zurückweisende kontradiktorische Entscheidung nach Anhörung beider Ehegatten vor. Demzufolge wäre eine Säumnisentscheidung des Inhalts, dass der Antrag als zurückgenommen gilt, in zweiter Instanz unpassend, sodass § 539 I ZPO die Vorschrift des § 130 I im Beschwerdeverfahren verdrängt (vgl ebenso Prütting/Helms/Helms § 130 Rz 10; Dutta/Bork/Jacoby/Schwab/Lies-Benachib § 130 Rz 13; Prütting/Helms/Feskorn § 117 Rz 57; ThoPu/Hüßtege § 130 Rz 3; MüKoFamFG/Lugani § 130 Rz 8; Schulte-Bunert/Weinreich/Unger/Roßmann § 117 Rz 33; aA (Anwendung von § 130 I):Sternal/Weber § 130 Rz 7; Musielak/Borth/Frank/Borth § 130 Rz 8; J/H/A/Markwardt § 130 Rz 7; wohl auch FAKomm-FamR/Roßmann § 130 Rz 7).
Rn 11
Ist der säumige ASt Beschwerdegegner, liegt eine seinem Antrag entsprechende kontradiktorische Entscheidung vor. Die Rücknahmefiktion des § 130 I ist nach Sinn und Zweck deshalb nicht erforderlich. Eine Säumnisentscheidung auf der Grundlage von § 539 II ZPO scheidet jedoch aus, weil eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung allein aufgrund der Geständnisfiktion weder mit dem Amtsermittlungsprinzip gem § 127 noch mit § 113 IV Nr 5 in Einklang zu bringen ist. Eine Säumnisentscheidung kommt mithin nicht in Betracht; auch kann keine Entscheidung nach Lage der Akten ergehen. Vielmehr ist einseitig streitig zu verhandeln (Prütting/Helms/Helms § 130 Rz 11; Dutta/Jacoby/Schwab/Lies-Benachib § 130 Rz 13; J/H/A/Markwardt § 130 Rz 8; MüKoFamFG/Lugani § 130 Rz 9; Musielak/Borth/Borth/Grandel § 130 Rz 11; Oldbg FamRZ 10, 2015; aA (grds Anwendung von § 130 I): ThoPu/Hüßtege § 130 Rz 3; Sternal/Weber § 130 Rz 8; einschr Prütting/Helms/Feskorn § 117 Rz 57: Säumnisentscheidung auf der Grundlage der vollen Sachprüfung; FAKomm-FamR/Roßmann § 130 Rz 7).
3. Der im Beschwerdeverfahren säumige Antragsgegner.
Rn 12
Ist der säumige Antragsgegner Beschwerdeführer, ist gegen ihn eine Säumnisentscheidung nach § 117 II iVm § 539 I ZPO möglich; seine Beschwerde wird zurückgewiesen. Insoweit wird § 130 II von § 539 I ZPO verdrängt (vgl. Prütting/Helms/Helms § 130 Rz 10; MüKoFamFG/Lugani § 130 Rz 8; Prütting/Helms/Feskorn § 117 Rz 57; Sternal/Weber § 130 Rz 11; FAKomm-FamR/Roßmann § 130 Rz 12; Musielak/Borth/Frank/Borth § 130 Rz 9; J/H/Markwardt § 130 Rz 7; ThoPu/Hüßtege § 130 Rz 5; Zö/Lorenz § 130 Rz 1; vgl. auch – zum alten Recht – BGH FamRZ 67 142; Hamm NJW-RR 87, 521; Schlesw FamRZ 92, 839).
Rn 13
Ist der säumige Antragsgegner demgegenüber auch Beschwerdegegner, existiert bereits eine den Antrag des Beschwerdeführers abweisende Entscheidung in der Ehesache. Der Erlass einer Säumnisentscheidung kommt nach § 117 II iVm § 539 II ZPO nicht in Betracht, weil die erstinstanzliche Entscheidung nicht auf der Grundlage einer Geständnisfiktion iSv § 539 II 1 ZPO abgeändert werden kann, § 113 IV Nr 5. Dies steht im Ergebnis im Einklang mit § 130 II (Prütting/Helms/Helms § 130 Rz 11; Prütting/Helms/Feskorn § 117 Rz 57; MüKoFamFG/Lugani § 130 Rz 9; J/H/A/Markwardt § 130 Rz 8; Dutta/Jacoby/Schwab/Lies-Benachib § 130 Rz 13; FAKomm-FamR/Roßmann § 130 Rz 13).