Rn 5
Die Vorschrift greift nur ein, wenn ein Gericht nach § 152 II zuständig wird, weil der gewöhnliche Aufenthalt des (gemeinsamen minderjährigen) Kindes vor Einleitung des Verfahrens in den Bezirk des Gerichts verlegt wurde. Das bedeutet, dass eine Ehesache nicht anhängig sein darf und es sich bei der Kindschaftssache auch nicht um eine Unterbringungssache handelt. Eine Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts setzt voraus, dass der im Zeitpunkt der Anhängigkeit der Kindschaftsache bestehende Aufenthalt des Kindes von einem vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt abweicht und sich schon so verdichtet hat, dass von einem gewöhnlichen Aufenthalt gesprochen werden kann. Der veränderte tatsächliche Aufenthalt reicht nicht aus (Köln FamRZ 12, 1406). Ist das noch nicht der Fall, ist das Verfahren wegen Unzuständigkeit von dem angerufenen Gericht an das für den früheren gewöhnlichen Aufenthalt zuständige Gericht nach § 3 zu verweisen.
Rn 6
Ändert sich der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes unmittelbar nach Einleitung des Verfahrens, weil ein Elternteil ohne Zustimmung des anderen Elternteils den gewöhnlichen Aufenthalt verlegt hat, kann allerdings ein wichtiger Grund für die Abgabe des Verfahrens gem § 4 an das für den neuen Aufenthaltsort zuständige Gericht vorliegen (Stuttg 21.3.17 – 18 AR 3/17, juris). Ein nach § 152 II zuständiges Gericht kann von der Verweisungsmöglichkeit nach § 154 S 1 auch dann Gebrauch machen, wenn das Verfahren zuvor gem § 3 berechtigt dorthin verwiesen worden ist, weil das verweisende Gericht annahm, dass sich der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes dort befindet. Es handelt sich um eine ausnahmsweise zulässige und nicht gegen die Bindungswirkung des vorangegangenen Beschlusses verstoßende Rückverweisung, die in § 154 angelegt ist (Frankf FamRZ 17, 236; Prütting/Helms/Hammer § 154 Rz 12; Dutta/Jacoby/Schwab/Zorn § 154 Rz 4).
Rn 7
Der Wechsel des Aufenthalts muss ohne vorherige Zustimmung des anderen Elternteils herbeigeführt worden sein. Dem anderen Elternteil muss das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind also entweder allein oder aber gemeinsam mit dem fortgezogenen Elternteil zustehen (vgl S 2). Anderenfalls käme es auf seine Zustimmung nicht an. Die Zustimmung ist keine Willenserklärung (weshalb etwaige Willensmängel unbeachtlich sind), sondern eine Willensbekundung, die ausdrücklich oder stillschweigend (zB Karlsr FamRZ 06, 1700; Nürnbg FamRZ 2009, 240) erteilt werden kann (vgl auch MüKoFamFG/Heilmann § 154 Rz 9; Schulte-Bunert/Weinreich/Ziegler § 154 Rz 2). Da ein Elternteil an die einmal erteilte Zustimmung nicht gebunden ist (vgl MüKoFamFG/Heilmann § 154 Rz 9; diff: Prütting/Helms/Hammer § 154 Rz 6), erfasst S 1 auch den Fall, in dem eine zunächst erteilte Zustimmung widerrufen worden ist. Lag eine Zustimmung zunächst zwar nicht vor, wird sie aber später erteilt, kommt eine Verweisung nach § 154 S 1 schon aufgrund des Beschleunigungsgebots nicht mehr in Betracht.