Rn 12
Ist die Beschwerde zulässig, muss das Beschwerdegericht gem Abs 3 S 3 in eine Sachprüfung eintreten, in dem es festzustellen hat, ob die bisherige Dauer des Verfahrens dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot des § 155 I entspricht. Dabei ist die gesamte Verfahrensdauer seit Anhängigkeit des Verfahrens in der ersten Instanz zu beurteilen; nichts anderes gilt, wenn die Beschwerde gegen eine Rügeentscheidung in der zweiten Instanz erhoben wird (Prütting/Helms/Hammer § 155c Rz 16; Sternal/Schäder § 155b Rz 8). Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren sind unabhängig voneinander zu beurteilen (Prütting/Helms/Hammer § 155c Rz 16).
Rn 13
Es ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, dh, es ist eine Gesamtabwägung aller verfahrens- und sachbezogenen Faktoren sowie der subjektiven, personenbezogenen Umstände vorzunehmen (Braunschw FamRZ 14, 59 zu § 198 GVG). Das Gericht muss eine hier relevante Verzögerung des Verfahrens unter Abwägung aller Faktoren (Gegenstand des Verfahrens, Alter und [insb psychische] Verfassung des Kindes, Komplexität des Falles, Auswirkungen einer langen Verfahrensdauer auf alle Beteiligten und die Gründe für die Verzögerung [Verfahrensführung und -förderung durch das Gericht, Verhalten der Beteiligten]) prüfen, ob die Rüge im konkreten Fall berechtigt ist (MüKoFamFG/Schumann § 155b Rz 10; Prütting/Helms/Hammer § 155b Rz 19; Dutta/Jacoby/Schwab/Müller § 155b Rz 12; Keuter FamRZ 16, 1817, 1821; BGH FamRZ 14, 933; Bremen FamRZ 18, 450). Ob die Verfahrensdauer angemessen ist, beurteilt sich nach der definierten Gesamtverfahrensdauer. Bei geringfügigen Verzögerungen in einzelnen Verfahrensabschnitten, die gegenüber der Gesamtverfahrensdauer nicht entscheidend ins Gewicht fallen, kommt daher eine Geldentschädigung oder eine sonstige Wiedergutmachung regelmäßig nicht in Betracht (BGH MDR 14, 832; Hamm FamRZ 23, 974).
Rn 14
Wegen des dem Gericht bei seiner Verfahrensführung zukommenden Gestaltungsspielraums geht es nicht um die Überprüfung der Richtigkeit der Verfahrensführung des Gerichts, sondern die Beachtung des Vorrang- und Beschleunigungsgebots des § 155 I durch eine daran ausgerichtete Verfahrensförderung (Frankf FamRZ 20, 1117; Karlsr FamRZ 20, 1214; Stuttg FuR 18, 267)Die Gesetzesbegründung betont, dass nicht von dem Maßstab eines ›idealen Richters‹ auszugehen ist, sondern vielmehr anhand des konkreten Einzelfalles ein objektiver Maßstab anzulegen ist (BTDrs 18/9092, 19 Sternal/Schäder § 155c Rz 11; Braunschw FuR 21, 675; Stuttg FuR 18, 267; Bremen FamRZ 18, 450; FuR 17, 269).
Wegen der Einzelheiten kann auf die Kommentierung zu § 155b (Rn 18 ff) Bezug genommen werden.