1. Grundsätzliche Anhörung in Verfahren betreffend die Person des Kindes, Abs 1 S 1.

 

Rn 7

Gem § 160 I 1 soll das Gericht in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, auch die Eltern persönlich anhören; auf die Sorgeberechtigung kommt es hierbei nicht an (zB Musielak/Borth/Frank/Frank § 160 Rz 3). Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, sind alle in § 151 FamFG aufgeführten Kindschaftssachen, die die Lebensführung und die Lebensstellung des Kindes und nicht ausschließlich die Vermögenssorge für das Kind betreffen (Prütting/Helms/Hammer § 160 Rz 6; MüKoFamFG/Schumann § 160 Rz 5; FAKomm-FamR/Ziegler § 160 Rz 4; Sternal/Schäder § 160 Rz 5; Heilmann/Heilmann § 160 Rz 22).

 

Rn 8

Der Begriff ›soll‹ ersetzt ›in der Regel‹ in § 50a I 2 FGG aF und ist nicht so auszulegen, dass das Familiengericht nach freiem Ermessen von einer Anhörung absehen kann. Vielmehr darf das Gericht von einer Anhörung der Eltern nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen absehen (BTDrs 16/6308, 240; Prütting/Helms/Hammer § 160 Rz 7; MüKoFamFG/Schumann § 160 Rz 5; Hamm FamRZ 89, 203; Celle ZKJ 11, 431: ›in eng begrenztem Umfang auch verzichtbar‹). Dabei müssen ›besonders gelagerte Ausnahmefälle‹ nicht zwingend mit >schwerwiegenden Gründen’ iSv Abs 3 deckungsgleich sein (anders wohl Keidel/Engelhardt (20. Aufl) § 160 Rz 3: nur aus schwerwiegenden Gründen; ebenso Naumbg 2.9.11 – 8 UF 187/11, juris; Frankf FamRZ 15, 1521; Kobl FamRZ 16, 475). Offen ist jedoch, welche Fälle (die nicht schon von Abs 3 erfasst sind) der Gesetzgeber hier vor Augen hatte (MüKoFamFG/Schumann § 160 Rz 5). Ein solcher Ausnahmefall kann gegeben sein, wenn das Gericht sich für unzuständig hält (Keidel/Engelhardt (20. Aufl) § 160 Rz 3); wenn sich ein (mit dem anderen gemeinsam sorgeberechtigter) Elternteil in einem klar und einfach gelagerten Fall Umgang des Kindes mit seiner Großmutter, den beide Eltern ablehnen) bereits schriftlich geäußert hat, in dem Anhörungstermin anwaltlich vertreten war und anschließend über seinen Verfahrensbevollmächtigten ausdrücklich noch einmal seine unveränderte Position bestätigt (Celle ZKJ 11, 431; Prütting/Helms/Hammer § 160 Rz 7).

2. Zwingende Anhörung in Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB, Abs 1 S 2.

 

Rn 9

Die Vorschrift entspricht § 50a I 3 FGG aF. In Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls sind die Eltern zwingend persönlich anzuhören (vgl aber BayObLG FamRZ 87, 87). Diese Regelung steht im Zusammenhang mit § 157 II 1, wonach das persönliche Erscheinen der Eltern zu dem Erörterungstermin nach § 157 anzuordnen ist. Es soll der auch in § 157 I genannte Zweck verfolgt werden, mit den Eltern zu erörtern, wie die Gefahr für das Kindeswohl, ggf durch Inanspruchnahme öffentlicher Hilfen, abgewendet werden kann. Die Erörterung nach § 157 kann die persönliche Anhörung der Eltern nach § 160 nicht ersetzen (MüKoFamFG/Schumann § 160 Rz 4); vielmehr wird die Anhörung der Eltern mit der Erörterung der Kindeswohlgefährdung verbunden werden (Prütting/Helms/Hammer § 160 Rz 8). Der nicht sorgeberechtigte Elternteil ist schon mit Blick auf § 1680 III BGB persönlich anzuhören (Heilmann/Heilmann§ 160 Rz 24; Prütting/Helms/Hammer § 160 Rz 8; MüKoFamFG/Schumann § 160 Rz 4).

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