Gesetzestext
(1) Das Gericht kann in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, die Pflegeperson im Interesse des Kindes als Beteiligte hinzuziehen, wenn das Kind seit längerer Zeit in Familienpflege lebt. Satz 1 gilt entsprechend, wenn das Kind auf Grund einer Entscheidung nach § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bei dem dort genannten Ehegatten, Lebenspartner oder Umgangsberechtigten lebt.
(2) Die in Absatz 1 genannten Personen sind anzuhören, wenn das Kind seit längerer Zeit in Familienpflege lebt.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die Vorschrift regelt die Beteiligung und Anhörung von Pflegepersonen sowie der in Abs 1 S 2 genannten Bezugspersonen. Sie enthält im Vergleich zu § 50c FGG aF eine ganz wesentliche Verbesserung der Stellung dieses Personenkreises im Verfahren: War in § 50c FGG aF lediglich ihre Anhörung vorgesehen, kann das Gericht sie nun gem Abs 1 als ›Kann-Beteiligte‹ (§ 7 III) zum Verfahren hinzuziehen. Eine unmittelbare materielle Betroffenheit der Pflegepersonen, die auch zu ihrer Beteiligung nach § 7 II Nr 1 führt, besteht nur in den Verfahren nach § 1630 III, § 1632 IV, § 1688 III, IV BGB. Demzufolge erschöpfte sich die Beteiligung der Pflegeperson am Verfahren regelmäßig in der in § 50c FGG vorgesehenen Anhörung. Durch die nun ermöglichte formelle Beteiligung am Verfahren soll sichergestellt werden, dass die Pflegeperson über den Fortgang des Verfahrens und über die Beweisergebnisse informiert wird und aktiv auf den Verlauf des Verfahrens Einfluss nehmen kann. Das schließt auch eine unmittelbare Einbeziehung bei der Regelung des Umgangs mit einem Kind mit ein (BTDrs 16/6308, 241). Zum Akteneinsichtsrecht nicht förmlich beteiligter Pflegeeltern vgl Celle FamRZ 11, 1080.
Rn 2
Allerdings steht der Pflege- und Bezugsperson nach wie vor ein eigenes Beschwerderecht (wie in § 162 III 2 für das Jugendamt ausdrücklich vorgesehen) nicht zu; die Rechtsmittelbefugnis richtet sich allein nach einer Beschwer der Pflege- bzw. Bezugsperson (BTDrs 16/6308, 241).
B. Die Vorschrift im Einzelnen.
I. Anwendungsbereich.
Rn 3
Die Vorschrift findet in Kindschaftssachen iSv § 151 Nr 1–5 betreffend die Person des Kindes Anwendung, also in allen Verfahren, die die Lebensführung und Lebensstellung eines Kindes zum Gegenstand haben und nicht ausschließlich sein Vermögen betreffen. In den Fällen einer freiheitsentziehenden Unterbringung oder freiheitsentziehenden Maßnahme iSv § 151 Nr 6 und 7 wird sie durch §§ 167 I 1, 315 IV Nr 1, 167 Abs 4 verdrängt. Die Vorschrift gilt sowohl im einstweiligen Anordnungsverfahren als auch im Beschwerdeverfahren (MüKoFamFG/Schumann § 161 Rz 6; Dutta/Jacoby/Schwab/Lack § 161 Rz 3; Köln FamRZ 16, 1693).
II. Hinzuziehen der Pflege- oder Bezugspersonen als Beteiligte (Abs 1).
1. Voraussetzungen.
Rn 4
Abs 1 S 1 bezweckt den Schutz der Kinder, die seit längerer Zeit in Familienpflege bei der Pflegeperson leben. Diese Formulierung findet sich auch in §§ 1630 III, 1632 IV, 1688 I BGB. Von einer ›Familienpflege‹ ist auszugehen, wenn ein Kind außerhalb seiner Herkunftsfamilie zur Pflege und Erziehung mit der Erwartung untergebracht wird, dass dieses Kind so, wie Kinder in Familien aufwachsen, erzogen und versorgt werden und in der Familienpflege seinen Lebensmittelpunkt haben soll (zB Staud/Salgo § 1632, Rz 65: hierunter fällt regelmäßig nicht die Tagespflege iSv §§ 22 ff, 43 SGB VIII). Erfasst ist jedes tatsächliche Pflegeverhältnis, unabhängig davon, ob eine Pflegeerlaubnis nach §§ 44 ff SGB VIII vorliegt (zB BGH FamRZ 01, 1449; Hambg FamRZ 15, 2188) oder ein Pflegevertrag geschlossen worden ist, also auch eine Unterbringung bei Verwandten (Hambg FamRZ 15, 2188: Großeltern). Auch Inkognitopflegeeltern können zu beteiligen sein, wenn das Kind schon längere Zeit bei ihnen lebt und dementsprechend seine Bezugswelt bei ihnen gefunden hat (Hamm FamRZ 18, 286). Falls die Adoptionspflege gem § 1744 nicht mit Adoption endet, können auch Adoptivpflegeeltern zu beteiligen sein (Staud/Salgo § 1632 Rz 65; KG FamRZ 17, 243). Zu berücksichtigen sind auch solche Pflegepersonen, bei denen das Kind aktuell nicht (mehr) lebt, wenn ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen der Herausnahme des Kindes aus deren Haushalt und der Einleitung des Verfahrens besteht (Frankf NZFam 21, 1073).
Rn 5
Ob das Pflegeverhältnis für ›längere Zeit‹ besteht, richtet sich danach, ob das Kind in der Pflegezeit seine Bezugswelt in der Pflegefamilie gefunden hat, wobei die kindlichen Zeitvorstellungen zu berücksichtigen sind (Prütting/Helms/Hammer § 161 Rz 4; MüKoFamFG/Schumann § 161 Rz 4; FAKomm-FamR/Ziegler § 161 Rz 3; Staud/Salgo § 1632 Rz 66 ff, 69; Grüneberg/Götz § 1632 Rz 13; Saarbr FamRZ 14, 598).
Rn 6
Gem Abs 1 S 2 können auch sonstige Bezugspersonen beteiligt werden, bei denen das Kind aufgrund einer Verbleibensanordnung nach § 1682 BGB seit längerer Zeit lebt. Solche Bezugspersonen sind der Ehegatte oder Lebenspartner eines Elternteils oder gem § 1685 I BGB umgangsberechtigte Großeltern oder volljährige Geschwister. Sie stehen den Pflegepersonen iSv S 1 verfahrensrechtlich gleich.
2. Die Entscheidung des Gerichts.
Rn 7
Nach dem Wortlaut des § 161 I 1 erfolgt die Hinzuziehung (nur) vAw; gleichwohl wird (wie in § 7 III ausdrücklich...