1. Bekanntmachung von Terminen und gerichtlichen Entscheidungen, Abs 3 S 1.
Rn 20
Auch wenn das Jugendamt nicht förmlich am Verfahren beteiligt ist, sind ihm gem Abs 3 S 1 alle Termine bekannt zu machen. Die Regelung greift einen Vorschlag aus dem am 14.7.09 vorgelegten Abschlussbericht der Arbeitsgruppe ›Familiengerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls – § 1666 BGB‹ auf; hierdurch soll das Jugendamt noch besser in den gerichtlichen Entscheidungsprozess eingebunden werden (BTDrs 17/10490, 20). Durch die Mitteilung eines Termins wird das Jugendamt nicht zur Teilnahme am Termin verpflichtet, kann sich aber über den Stand des Verfahrens informieren und im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob seine Anwesenheit im Termin erforderlich ist (vgl BTDrs 17/10490, 20).
Rn 21
Daneben verpflichtet Abs 3 S 1 das Gericht auch, dem Jugendamt unabhängig von der Beteiligtenstellung alle gerichtlichen Entscheidungen bekannt zu machen. Hierdurch soll eine effektive Ausübung des Beschwerderechts gewährleistet werden (BTDrs 16/6308, 204). Die Pflicht zur Übersendung von Entscheidungen beschränkt sich deshalb auf die Endentscheidung iSv §§ 38 I 1, 58 I (Prütting/Helms/Hammer § 162 Rz 27; MüKoFamFG/Schumann § 162 Rz 21; Musielak/Borth/Frank/Frank § 162 Rz 8; Heilmann/Heilmann § 162 Rz 25). Nicht zu übersenden sind Endentscheidungen, die im vereinfachten Verfahren nach § 155a III ergangen sind (Prütting/Helms/Hammer § 162 Rz 27; MüKoFamFG/Schumann § 162 Rz 21; Heilmann/Heilmann § 162 Rz 25); hier erfolgt nach § 155a III 3 nur eine formlose Mitteilung an das für die Führung des Sorgeregisters zuständige Jugendamt.
2. Beschwerdeberechtigung, Abs 3 S 2.
Rn 22
Eine Beschwerdebefugnis des Jugendamts kann sich unmittelbar aus § 59 I ergeben, wenn es durch die Entscheidung in eigenen Rechten betroffen ist.
Rn 23
Als Amtsvormund oder Amtspfleger ist es iRd ihm übertragenen Befugnisse gesetzlicher Vertreter des Kindes und als solcher Verfahrensbeteiligter gem § 7 I oder § 7 II Nr 1 FamFG. In dieser Funktion ist das Jugendamt unmittelbar gem § 59 I beschwerdeberechtigt, wenn es selbst materiell beschwert, dh in eigenen Rechten verletzt ist, sodass es sich regelmäßig nur gegen die Rechtmäßigkeit der Auswahl und Bestellung als Amtspfleger oder Amtsvormund, nicht aber gegen die hiervon zu unterscheidende Anordnung der Vormundschaft bzw Pflegschaft (§§ 1773 f., 1809 BGB) oder die zugrunde liegende Sachentscheidung (zB §§ 1666, 1674 BGB) wenden kann (Hammer FamRZ 17, 1904, 1905; Prütting/Helms/Hammer § 162 Rz 29; MüKoFamFG/Schumann § 162 Rz 23; BGH FuR 12, 139; Brandbg FF 19, 126; Frankf FamRZ 17, 942; Celle FamRZ 16, 647; KG FamRZ 15, 2079). Ein eigenes Beschwerderecht hat auch der Vormund, der geltend macht, dass die Vormundschaft entgegen der gerichtlichen Feststellung nicht von Gesetzes wegen beendet ist (BGH FuR 18, 304; NZFam 18, 334).
Rn 24
Gleiches kann der Fall sein, wenn dem Jugendamt (ASD) konkrete Verpflichtungen zur Durchführung begleiteter Umgangskontakte auferlegt worden sind (Nürnbg FamRZ 17, 298).
Rn 25
Nach § 162 III 2 steht dem nach § 162 I anzuhörenden Jugendamt aber auch – unabhängig von seiner förmlichen Beteiligung nach § 162 II – eine formelle Beschwerdebefugnis iSv § 59 III zu; eine Betroffenheit in eigenen Rechten ist nicht vorausgesetzt. Beschwerdeberechtigt iSv § 59 III iVm § 162 III 2 ist nur das gem § 162 I 1 anzuhörende zuständige Jugendamt (BGH FamRZ 14, 375; Saarbr FamRZ 21, 1223; Saarbr FamRZ 19, 51; Frankf FamRZ 17, 244; Karlsr 21.12.18 – 18 UF 254/18, juris). Eine Beschwerdebefugnis besteht ausnahmsweise nicht bei Entscheidungen, die gem § 155a III im vereinfachten Verfahren ergangen sind. In einer rein vermögensrechtlichen Angelegenheit (zB Genehmigung der Ausschlagung einer Erbschaft, § 1643 BGB) besteht keine Beschwerdebefugnis nach Abs 3 S 2 für das nicht nach § 162 I anzuhörende Jugendamt (BGH FamRZ 12, 292).
Rn 26
Das Jugendamt als die für die Mitwirkung in Kindschaftssachen zuständige Fachbehörde kann sich bei unrichtiger Rechtsmittelbelehrung generell nicht auf eine Unkenntnis der einzuhaltenden Rechtsmittelfristen berufen (Frankf FuR 17, 341: einstweiliges Anordnungsverfahren).