I. Anwendungsbereich.
Rn 3
Die Vorschrift des § 167 gilt zum einen für Kindschaftssachen, die die freiheitsentziehende Unterbringung Minderjähriger nach § 151 Nr 6 (zivilrechtliche Unterbringung Minderjähriger nach § 1631b I BGB) und § 151 Nr 7 (öffentlich-rechtliche Unterbringung nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker) betreffen. Darüber hinaus gilt die Norm auch für freiheitsentziehende Maßnahmen nach § 151 Nr 6 (vgl. § 1631b II BGB).
Rn 4
Nicht anwendbar ist die Vorschrift auf ärztliche Zwangsbehandlungen bei Minderjährigen (zB eine medikamentöse Behandlung); insoweit bedürfen Eltern (anders als der Betreuer eines Volljährigen nach § 1832 II BGB) nach wie vor keiner familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1631b BGB (Dresd FamRZ 17, 621; Prütting/Helms/Hammer § 167 Rz 4).
II. Anwendbarkeit der Vorschriften über Unterbringungssachen, Abs 1 S 1.
Rn 5
Gem § 167 Abs 1 S 1 sind für die zivilrechtliche Unterbringung Minderjähriger nach § 151 Nr 6 (freiheitsentziehende Unterbringung und freiheitsentziehender Maßnahmen, § 1631b BGB) die für Unterbringungssachen geltenden Vorschriften des § 312 Nr 1 und Nr 2 anwendbar. Für die öffentlich-rechtliche Unterbringung nach § 151 Nr 7 (freiheitsentziehende Unterbringung und Anordnung freiheitsentziehender Maßnahmen nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker) verweist § 167 Abs 1 S 1 auf die Vorschrift des § 312 Nr 4. Das Verfahren richtet sich also nach den Vorschriften über die Unterbringung Volljähriger (§§ 313–339).
1. Keine unmittelbare Geltung der §§ 152 ff.
Rn 6
Nach dem Wortlaut der Verweisung in § 167 Abs 1 S 1 werden die allg für Kindschaftssachen geltenden Vorschriften der §§ 152 ff vollständig und abschließend durch die Vorschriften für das Verfahren in Unterbringungssachen ersetzt. Die §§ 152 ff können daher in einem Verfahren über die Genehmigung einer Unterbringung eines Minderjährigen oder freiheitsentziehender Maßnahmen weder direkt noch entspr angewendet werden (BGH FamRZ 13, 115; Prütting/Helms/Hammer § 167 Rz 6a; MüKoFamFG/Heilmann § 167 Rz 5; Musielak/Borth/Frank/Frank § 167 Rz 2; ThoPu/Hüßtege § 167 Rz 2). Gleichwohl soll nicht aus dem Blick geraten, dass es sich bei den Verfahren um Kindschaftssachen handelt, sodass im Hinblick auf die besondere Bedeutung des Kindeswohls in diesen Verfahren bei der Auslegung der Unterbringungsvorschriften die Wertungen, die in den §§ 155 ff zum Ausdruck kommen, berücksichtigt werden können (BGH FamRZ 13, 115; MüKoFamFG/Heilmann § 167 Rz 6; Prütting/Helms/Hammer § 167 Rz 6a; ThoPu/Hüßtege § 167 Rz 2; Musielak/Borth/Frank/Frank § 167 Rz 2). Das betrifft insb das Vorrang- und Beschleunigungsgebot (§ 155 I), die Ausgestaltung der Kindesanhörung (§ 159 IV), die Anhörung des Jugendamts (§ 162), das Absehen von der Bekanntgabe der Entscheidung gem § 164 S 2 (MüKoFamFG/Heilmann § 167 Rz 6; Prütting/Helms/Hammer § 167 Rz 6a).
2. Grundzüge des Verfahrens gem § 167 Abs 1 S 1 iVm §§ 313 ff.
Rn 7
Die Grundzüge des Verfahrens ergeben sich aufgrund der Verweisung in Abs 1 S 1 aus §§ 313–339.
a) Einleitung des Verfahrens – Antragserfordernis nach materiellem Recht?
Rn 8
Das Gericht kann nicht gegen den Willen des gesetzlichen Vertreters des Kindes eine Genehmigung erteilen oder die Unterbringung selbst anordnen (Prütting/Helms/Hammer § 167 Rz 8 mwN).
Rn 9
Uneinheitlich wird beurteilt, ob es zur Verfahrenseinleitung eines Verfahrens nach § 1631b BGB (§ 151 Nr 6), eines förmlichen Antrags des sorgeberechtigten Elternteils oder gesetzlichen Vertreters bedarf oder nicht (Letzteres ist in der BTDrs 18/11278, 16 ausdr klargestellt worden; vgl ebenso MüKoFamFG/Heilmann § 167 Rz 9; ThoPu/Hüßtege § 167 Rz 2; Staud/Salgo § 1631b Rz 20; Heilmann/Heilmann [zu § 1631b I] § 167 Rz 4; Prütting/Helms/Hammer § 167 Rz 7 ›faktisch vAw und auf Antrag‹; Dresd FamRZ 17, 621; Vogel FF 18, 356, 358; aA Erman/Döll § 1631b BGB Rz 8; Grüneberg/Götz § 1631b Rz 7; mit zutreffenden Erwägungen Götz FamRZ 17, 1289, 1294; jurisPK-BGB/Hamdan § 1631b BGB Rz 26; Bremen FamRZ 13, 1227; Brandbg FamRZ 14, 856; Frankf FamRZ 15, 2070). Stellen die Eltern des betroffenen Minderjährigen einen Antrag, muss ihnen das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Zuführung zur medizinischen Behandlung, zur Regelung der ärztlichen Versorgung sowie ggf zur Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen nach §§ 27 ff SGB VIII zustehen (Hamm 21.12.11 – II-8 UF 271/11, Rz 18, juris). Gleiches gilt für einen Ergänzungspfleger. Üben die Eltern die Sorge gemeinsam aus, muss der Antrag von beiden gestellt werden; bei Uneinigkeit muss vorab ein Verfahren nach § 1628 durchgeführt werden (vgl zB MüKoBGB/Huber § 1631b BGB Rz 19; Staud/Salgo § 1631b Rz 9; Oldbg FuR 19, 96).
Rn 10
Handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Unterbringung nach den Landesgesetzen (PsychKG, § 151 Nr 7), ist ein Antrag der zuständigen Behörde erforderlich. Im Gegensatz zu den Verfahren nach § 1631b BGB genehmigt das Gericht nicht die Unterbringung durch den gesetzlichen Vertreter, sondern ordnet die Unterbringung selbst an und vollzieht diese auch (Prütting/Helms/Hammer § 167 Rz 56).
b) Örtliche Zuständigkeit, §§ 313, 314, funktionelle Zuständigkeit.
Rn 11
Die ausschließliche örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 313; die §§ 152–154 sind nicht anzuwenden. Für die Verfahren iSv § 151 Nr 6 folgt die örtliche Zuständigke...