Rn 8
Legen die Eltern keine befürwortende Stellungnahme iSv § 1361e Abs 4 und 5 vor oder reicht dem Gericht die Stellungnahme der Kommission nicht aus, etwa, weil die Stellungnahme widersprüchlich oder lückenhaft ist oder Anhaltspunkte dafür bestehen, dass nicht hinreichend abgewogen ist, soll das Gericht iR seiner Amtsermittlungspflicht die Sache mit den Beteiligten in einem Termin erörtern. Das bedeutet, dass die Beteiligten auch persönlich angehört werden. In diesem Fall wird dem Kind ein Verfahrensbeistand gem § 158 I 1 bzw III Nr 1 zu bestellen sein.
Rn 9
Reichen die Eltern eine befürwortende Stellungnahme einer Kommission nach, kann das Gericht prüfen, ob in das vereinfachte Verfahren übergegangen werden kann (BTDrs 19/24686, 35).
Rn 10
Liegt eine nur unzureichende Stellungnahme vor, könnte vor der Einholung umfassender Sachverständigengutachten zu prüfen sein, ob die Bedenken gegen die Stellungnahme nicht durch eine Ergänzung der Stellungnahme oder Befragung eines oder mehrerer Kommissionsmitglieder beseitigt werden können (BTDrs 19/24686, 35).
Rn 11
Sofern keine Kommissionsstellungnahme vorliegt, wird eine gerichtliche Genehmigung nur nach einer Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten infrage kommen. In der Sache müssen Aspekte berücksichtigt werden, die auch von einer interdisziplinären Kommission geprüft würden. Neben medizinischen Aspekten sind idR auch psychologische oder psychiatrische und sozialpädagogische Aspekte zu berücksichtigen. Angesichts der unterschiedlichen Aspekte sowie der unterschiedlichen Fachrichtungen in einer Kommission dürfte vielfach eine ›Kombinationsbegutachtung‹ ähnlich der interdisziplinären Kommission sachgerecht sein, etwa durch mehrere Hauptaufträge oder die Bestellung eines Gutachters mit Koordinierungsauftrag (BTDrs 19/24686, 35).
Rn 12
Die Gesetzesbegründung betont, dass die Eltern eine so weitreichende Entscheidung wie die Einwilligung in einen operativen Eingriff bei ihrem Kind im Regelfall nicht ohne Unterstützung treffen können. Deshalb soll neben der ärztlichen Aufklärung insb auch eine allgemeine und ergebnisoffene Beratung in Bezug auf den Umgang mit der Variante der Geschlechtsentwicklung ihres Kindes erfolgen. Legen die Eltern keine Stellungnahme vor, soll dies die Annahme rechtfertigen, dass die Eltern ein Beratungsangebot noch nicht wahrgenommen haben (BTDrs 19/24686, 35). Daher hat das Gericht die Eltern gem Abs 2 S 2 auf die Beratungsangebote durch die Beratungsstellen und -dienste der Träger der Kinder- und Jugendhilfe hinzuweisen. Es kann außerdem eine Beratung der Eltern anordnen, Abs 2 S 3. Die Anordnung ist nicht selbständig anfechtbar und aufgrund der begrenzten Wirkung einer Zwangsberatung nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar, Abs. 2 S 4.
Rn 12a
Dem Gericht bleibt insoweit ein Ermessensspielraum, um auf den Einzelfall reagieren zu können.