Rn 4
Bei dem Verfahren nach § 167b handelt es sich um eine Kindschaftssache iSv § 151 Nr 1; eine Neufassung zB von § 151 Nr 6 ist nicht erfolgt.
1. Verfahrenseinleitung.
Rn 5
Das Verfahren wird nur auf Antrag betrieben, vgl § 1631e III 2 BGB; eine Einleitung vAw ist nicht vorgesehen (ausdr Dutta/Jacoby/Schwab/Ivanits § 167b Rz 8; Erman/Döll § 1631e Rz 17). Der antragstellende Elternteil muss die Personensorge für das betroffene Kind innehaben, zumindest aber die Gesundheitssorge innehaben (Dutta//Jacoby/Schwab/Ivanits § 167b Rz 6).
2. Örtliche und funktionelle Zuständigkeit.
Rn 6
Die örtliche Zuständigkeit richtet sich, sofern nicht von der Verordnungsermächtigung nach Abs 3 Gebrauch gemacht wird, nach § 152 f. Gem § 3 Nr 2a RpflG sind alle Kindschaftssachen dem Rechtspfleger zugeordnet, der Richter hat nur in denjenigen Fällen zu entscheiden, die ihm durch Gesetz ausdrücklich vorbehalten sind. Der Gesetzgeber hat nunmehr den in § 14 RPflG geregelten Richtervorbehalt ausdrücklich auf die Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung oder einer freiheitsentziehenden Maßnahme nach § 1631b BGB (insoweit klarstellend) und die Genehmigung einer Einwilligung nach § 1631e III BGB erstreckt, § 14 I Nr 6 RPflG (vgl BTDrs 19/24686, 36).
3. Vereinfachtes schriftliches Verfahren, Abs. 1.
Rn 7
Legen die Eltern mit dem Antrag auf Genehmigung eine den Eingriff befürwortende Stellungnahme einer interdisziplinären Kommission vor, die den Voraussetzungen des § 1631e IV, V BGB entspricht, muss das Gericht prüfen, ob diese Stellungnahme dem Wohl des Kindes am besten entspricht und auch keine weiteren entgegenstehenden Gründe ersichtlich sind. Dabei wird gem § 1631e III 3 BGB vermutet, dass der geplante Eingriff dem Wohl des Kindes am besten entspricht. In diesem Fall erteilt das Gericht die Genehmigung im schriftlichen Verfahren. Ziel der Regelung ist es, dass über den Antrag möglichst zügig und ohne weitere zusätzliche Belastungen für die Eltern und das Kind entschieden wird (BTDrs 19/24686, 35). Die Entscheidung soll in diesem Fall ohne Anhörung des Jugendamts und auch ohne persönliche Anhörung der Eltern ergehen; ausgeschlossen ist die Anhörung also auch bei dieser Konstellation nicht. Für die Anhörung des Kindes gilt § 159. Ein Verfahrensbeistand für das Kind soll zur Beschleunigung entbehrlich sein, wenn das Gericht die befürwortende Stellungnahme der Kommission seiner Entscheidung zugrunde legen kann. Auch wenn § 1361a V BGB konkrete Anforderungen an den Inhalt der Stellungnahme vorgibt, wird Probleme bereiten, ob das Gericht im Einzelfall die Anforderungen zu Recht bejaht und im vereinfachten Verfahren entschieden hat.
4. Reguläres Verfahren, Abs. 2.
Rn 8
Legen die Eltern keine befürwortende Stellungnahme iSv § 1361e Abs 4 und 5 vor oder reicht dem Gericht die Stellungnahme der Kommission nicht aus, etwa, weil die Stellungnahme widersprüchlich oder lückenhaft ist oder Anhaltspunkte dafür bestehen, dass nicht hinreichend abgewogen ist, soll das Gericht iR seiner Amtsermittlungspflicht die Sache mit den Beteiligten in einem Termin erörtern. Das bedeutet, dass die Beteiligten auch persönlich angehört werden. In diesem Fall wird dem Kind ein Verfahrensbeistand gem § 158 I 1 bzw III Nr 1 zu bestellen sein.
Rn 9
Reichen die Eltern eine befürwortende Stellungnahme einer Kommission nach, kann das Gericht prüfen, ob in das vereinfachte Verfahren übergegangen werden kann (BTDrs 19/24686, 35).
Rn 10
Liegt eine nur unzureichende Stellungnahme vor, könnte vor der Einholung umfassender Sachverständigengutachten zu prüfen sein, ob die Bedenken gegen die Stellungnahme nicht durch eine Ergänzung der Stellungnahme oder Befragung eines oder mehrerer Kommissionsmitglieder beseitigt werden können (BTDrs 19/24686, 35).
Rn 11
Sofern keine Kommissionsstellungnahme vorliegt, wird eine gerichtliche Genehmigung nur nach einer Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten infrage kommen. In der Sache müssen Aspekte berücksichtigt werden, die auch von einer interdisziplinären Kommission geprüft würden. Neben medizinischen Aspekten sind idR auch psychologische oder psychiatrische und sozialpädagogische Aspekte zu berücksichtigen. Angesichts der unterschiedlichen Aspekte sowie der unterschiedlichen Fachrichtungen in einer Kommission dürfte vielfach eine ›Kombinationsbegutachtung‹ ähnlich der interdisziplinären Kommission sachgerecht sein, etwa durch mehrere Hauptaufträge oder die Bestellung eines Gutachters mit Koordinierungsauftrag (BTDrs 19/24686, 35).
Rn 12
Die Gesetzesbegründung betont, dass die Eltern eine so weitreichende Entscheidung wie die Einwilligung in einen operativen Eingriff bei ihrem Kind im Regelfall nicht ohne Unterstützung treffen können. Deshalb soll neben der ärztlichen Aufklärung insb auch eine allgemeine und ergebnisoffene Beratung in Bezug auf den Umgang mit der Variante der Geschlechtsentwicklung ihres Kindes erfolgen. Legen die Eltern keine Stellungnahme vor, soll dies die Annahme rechtfertigen, dass die Eltern ein Beratungsangebot noch nicht wahrgenommen haben (BTDrs 19/24686, 35). Daher hat das Gericht die Eltern gem Abs 2 S 2 auf die Beratungsangebote durch die Beratung...