Rn 5

In den Vaterschaftsanfechtungsverfahren nach § 1600 I Nr 1–4 BGB bedarf es gem II S 2 zusätzlich der substanziierten Darlegung aller gegen die Vaterschaft sprechenden Indiztatsachen sowie des Zeitpunktes, in dem diese Umstände bekannt wurden. Gemeint sind all diejenigen Umstände, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Zweifel an der Vaterschaft zu begründen und daher die Möglichkeit einer anderweitigen Abstammung des Kindes nicht ganz fernliegend erscheinen lassen. Ausreichend ist ein entsprechender Anfangsverdacht. Beurteilungsmaßstab ist dabei die Sicht eines objektiven, verständigen Betrachters iS eines naturwissenschaftlich nicht vorgebildeten Laien. Liegt ein hinreichender Verdacht bezüglich der Nichtvaterschaft vor, ist der Sachverhalt vAw aufzuklären (Keidel/Engelhardt FamFG Rz 5, 7).

 

Rn 6

Die Angabe des Zeitpunkts der Kenntniserlangung ermöglicht es dem Gericht, die Einhaltung der Anfechtungsfrist nach § 1600b I BGB zu ermitteln. Ist danach die Vaterschaft nicht rechtzeitig durch den gesetzlichen Vertreter angefochten worden, besteht weiterhin das Recht des Kindes, nach Eintritt der Volljährigkeit selbst ein solches Anfechtungsverfahren gem § 1600b III BGB einzuleiten (Keidel/Engelhardt FamFG Rz 6).

 

Rn 7

Problematisch ist, auf welchen Zeitpunkt abzustellen ist, wenn dem Antrag ein Verfahren zur Klärung der leiblichen Abstammung nach § 1598a BGB vorausgegangen ist, durch welches der Lauf der Anfechtungsfrist gem § 1600b V BGB gehemmt wird. Da bereits bei dessen Einleitung Zweifel des Mannes an seiner Vaterschaft zu unterstellen sind, beginnt auch die Anfechtungsfrist spätestens mit Beginn dieses Klärungsverfahrens zu laufen (HK-ZPO/Kemper FamFG Rz 8).

 

Rn 8

In der Abweisung eines Anfechtungsantrags liegt weder eine positive noch negative Entscheidung über die Abstammung des Kindes. Die materielle Rechtskraft erstreckt sich lediglich auf die Feststellung, dass die vorgetragenen Umstände den ASt nicht zur gerichtlichen Durchsetzung eines ggf bestehenden Anfechtungsrechts berechtigen. Daraus folgt, dass die Darlegung eines ›Anfangsverdachts‹ auf einen neuen, selbstständigen, nach der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess zu Tage getretenen Lebenssachverhalt gestützt werden muss. Die Ergänzung des bisherigen Vorbringens, bspw durch Benennung einer neuen Zeugin, genügt nicht (BGH NJW 03, 585, 586 [BGH 30.10.2002 - XII ZR 345/00]).

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