I. Rechtsstellung des Beistands.
Rn 5
Mit seiner Hinzuziehung wird der Verfahrensbeistand unmittelbar zum Verfahrensbeteiligten mit eigenen Rechten und Pflichten, §§ 174 S 2, 158b III. Die Wahrnehmung dieser Rechte erfolgt weisungsunabhängig und im Interesse des Minderjährigen, ohne dass es dabei – im Unterschied zur Beistandschaft des Jugendamts nach §§ 1712–1717 BGB – zu einer Vertretung kommt. Der Beistand ist nicht gesetzlicher Vertreter (§ 158b III 3). Aufgrund des Elternrechts und der darüber hinaus uU möglichen Interessenvertretung des Kindes durch verschiedene weitere Personen ist der Aufgabenkreis des Beistands beschränkt (MüKoFamFG/Coester-Waltjen/Lugani Rz 8, 9).
II. Aufgaben und Befugnisse.
Rn 6
Dem Verfahrensbeistand obliegt die Feststellung und Geltendmachung der Interessen des Kindes in Bezug auf Abstammung und Elternzuordnung, die der Verfahrensbeistand in einer Stellungnahme schriftlich darstellen soll (§§ 174 S 2, 158b I 1, 2). Entscheidend ist das objektive Interesse des Kindes, das im Allgemeinen verlangt, die biologische Abstammung zu klären. Der Verfahrensbeistand kann die Interessen des Kindes nur dort zur Geltung bringen, wo ein Wertungsspielraum besteht. Dies ist bei der Aussetzung des Verfahrens nach § 169 Nr 2, § 1598a II, III BGB der Fall. Kindeswohlgesichtspunkte können außerdem gem § 1600a IV BGB sowie in Bezug auf Bestehen oder Fehlen der sozial-familiären Bindung an den Vater geltend zu machen sein (MüKoFamFG/Coester-Waltjen/Lugani Rz 10).
Rn 7
Aufgabe des Beistands ist außerdem die geeignete Information des Kindes über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens (§ 158b I 3). Erst diese Unterstützung gewährleistet, dass das Kind das Verfahren versteht und sich einen verfahrensrelevanten Willen bilden kann. Was sich im Einzelfall als geeignet darstellt, muss der Beistand nach pflichtgemäßem Ermessen nach den Umständen entscheiden. Wesentliche Gesichtspunkte sind das Alter und die geistige Entwicklung des Kindes. Bei Kleinkindern ist eine solche Information gar nicht möglich. Der Schutz des Kindeswohls kann insb auch die Nichtaufklärung über Verfahrenseinleitung und Verfahrensziel gebieten, wenn anderenfalls dessen Beeinträchtigung oder eine Verunsicherung des Kindes zu erwarten ist. Seit dem 1.7.21 muss der Verfahrensbeistand auch eine Endentscheidung mit dem Kind erörtern (§ 158b I 4), was gerade in Abstammungsverfahren eine sensible Aufgabe sein kann.
Rn 8
Erkenntnisquellen für die Tätigkeit des Beistands sind Gespräche mit dem Minderjährigen selbst sowie die Bewertung der objektiven Umstände. Eigene Nachforschungen darf er nicht anstellen. Nur das Gericht kann zur Gesprächsführung mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen ermächtigen (MüKoFamFG/Coester-Waltjen/Lugani Rz 9). Gleiches gilt zwar gem § 158b II 1 aE auch für die Mitwirkung des Beistands am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand, der jedoch mangels Verfügungsbefugnis der Eltern über den Gegenstand des Verfahrens keine große Bedeutung zukommt (HK-ZPO/Kemper FamFG Rz 8).
Rn 9
Der Weisungsunabhängigkeit des Beistands entspricht sein eigenes Anhörungsrecht (§ 34) sowie das Recht zur Einlegung und Rücknahme von Rechtsmitteln (HK-ZPO/Kemper FamFG Rz 5). Aus § 158c ergibt sich ein Anspruch des Beistands auf Vergütung und Aufwendungsersatz gegen die Staatskasse. Nach S 2 iVm § 158c IV können ihm nun auch in Abstammungssachen nicht die Verfahrenskosten auferlegt werden.