I. Antragsberechtigung (Abs 2).
Rn 10
Nur die Beteiligten des Vorverfahrens sind antragsberechtigt. Aufgrund des höchstpersönlichen Charakters des Streitgegenstands kommt dies durch die Erben eines Beteiligten nicht in Betracht. Eine besondere Antragsbefugnis ist nicht normiert; insb kann die Antragstellung auch durch die obsiegende Partei, also unabhängig von der eigenen Beschwer, erfolgen (HK-ZPO/Kemper FamFG Rz 10). Problematisch ist die Stellung von Personen, die im vorangegangenen Verfahren zu Unrecht nicht beteiligt wurden, auf die sich die Rechtskraft gem § 182 II aber erstreckt (im Einzelnen MüKoFamFG/Coester-Waltjen/Lugani Rz 11).
II. Antragsfrist (Abs 4).
Rn 11
Nach Abs 4 ist keine Frist zu beachten. § 586 ZPO findet keine Anwendung. Als Grenze wirkt allein rechtsmissbräuchliches Verhalten (MüKoFamFG/Coester-Waltjen/Lugani Rz 13).
III. Antragstellung.
Rn 12
Statthaft ist das Wiederaufnahmeverfahren nur im oben beschriebenen Anwendungsbereich des § 185 (Rn 2, 3). Für die Zulässigkeit des Antrags ist das Behaupten eines Wiederaufnahmegrundes, gestützt auf die Vorlage eines den Anforderungen entsprechenden Gutachtens, notwendig. Erforderlich ist für die Antragstellung allein, dass eine andere Entscheidung nach dem Vortrag des ASt nicht ausgeschlossen erscheint. Ob das neue Gutachten tatsächlich zur Erschütterung der Erstentscheidung geeignet ist, ist erst im weiteren Verlauf des Wiederaufnahmeverfahrens zu untersuchen (Sternal/Giers Rz 5).
Rn 13
Die Zulässigkeit des Restitutionsantrags setzt das Vorliegen des Gutachtens im Zeitpunkt der Antragstellung voraus; durch nachträgliches Einreichen kann jedoch der zunächst unzulässige Antrag rückwirkend zulässig werden (Musielak/Borth/Borth/Grandel Rz 6, BGH NJW 82, 2128 [BGH 29.04.1982 - IX ZR 37/81]). Der Beweis ist über den Wortlaut hinaus auch ohne Vorlage geführt, wenn das in Bezug genommene Gutachten sich bereits im Gewahrsam des Gerichts oder einer anderen Behörde befindet (HK-ZPO/Kemper FamFG Rz 8).
IV. Zuständigkeit (Abs 3).
Rn 14
In sachlicher und örtlicher Hinsicht ist das Gericht des ersten Rechtszugs ausschließlich zuständig. Abweichend hiervon ist das Beschwerdegericht zuständig, wenn sich der Antrag gegen eine Entscheidung des Beschwerde- oder Rechtsbeschwerdegerichts richtet. Erfolgt eine Verbindung des Wiederaufnahmeantrags nach § 185 I mit einem Nichtigkeits- oder Restitutionsantrag nach § 48 II iVm § 580 ZPO, ist nach § 584 ZPO allein das Rechtsbeschwerdegericht, dh der BGH, zuständig. Eine Gesamtzuständigkeit des BGH ist jedoch wegen der fehlenden Möglichkeit der weiteren Beweisaufnahme problematisch. Daher wird eine Aufspaltung der Zuständigkeit anzunehmen sein; die Annahme einer Gesamtzuständigkeit des OLG würde die Verweisung auf § 584 bedeutungslos machen (HK-ZPO/Kemper FamFG Rz 9; BeckOKFamFG/Weber Rz 11–13).
Rn 15
(nicht besetzt)
V. Begründetheit des Antrags und neues Verfahren.
Rn 16
Die Begründetheit des Antrags setzt das Vorliegen eines Restitutionsgrundes dergestalt voraus, dass das neue Gutachten als geeignet angesehen wird, die Richtigkeit der früheren Entscheidung grundlegend zu erschüttern. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkenntnisse des aktuellen Gutachtens im vorherigen Verfahren möglicherweise zu einem abweichenden Ergebnis geführt hätten. Anderenfalls ist der Antrag als unbegründet abzuweisen (BeckOKFamFG/Weber Rz 16; HK-ZPO/Kemper FamFG Rz 12, 13).
Rn 17
Besteht die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung, gilt es – ggf unter Heranziehung weiterer Beweismittel – in einem neuen Verfahren erneut über die Abstammungssache zu verhandeln (§ 590 I ZPO). Mit der Durchbrechung der Rechtskraft der ersten Entscheidung entfällt auch die Bindung des Gerichts an seine im Ausgangsverfahren vertretene Rechtsansicht (Sternal/Giers Rz 17). Das Wiederaufnahmeverfahren gilt insoweit als neuer Rechtsstreit, weshalb neue Gebühren nach den allgemeinen Regeln anfallen (HK-ZPO/Kemper FamFG Rz 13).