I. Antrag.
Rn 2
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt nach § 214 I 1 zunächst voraus, dass ein entspr Antrag gestellt wird, der nach § 51 I 2 zu begründen ist. Der Antrag ist ein reiner Verfahrensantrag u kein Sachantrag; das FamG ist – insb was die anzuordnenden Schutzmaßnahmen angeht – an den Inhalt des Antrags also nicht gebunden. Anwaltszwang besteht nicht. Die verletzte Person kann den Antrag deshalb gem § 25 I schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle stellen.
II. Anordnungsanspruch.
Rn 3
Eine einstweilige Anordnung setzt nach § 49 I grds voraus, dass sie nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt ist, dh ein Anordnungsanspruch besteht. Für eine einstweilige Gewaltschutzanordnung müssen also die Voraussetzungen für den Erlass einer Schutzanordnung nach den §§ 1, 2 GewSchG vorliegen. Insoweit wird erg auf die Kommentierung zu § 210 verwiesen.
III. Anordnungsgrund.
Rn 4
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt nach § 49 I außerdem einen Anordnungsgrund voraus, dh ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden. Ein solches liegt gem § 214 I 2 idR vor, wenn eine Tat iSv § 1 GewSchG begangen worden oder aufgrund konkreter Umstände mit der Begehung zu rechnen ist. Die Formulierung ist insofern missverständlich, als eine Schutzanordnung nach § 1 I 1 GewSchG nur in Betracht kommt, wenn es bereits zu einer Tat gekommen ist. Das dringende Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden fehlt, wenn zwischen der Tat u dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung so viel Zeit vergangen ist, dass in der Zwischenzeit ein Hauptsacheverfahren hätte durchgeführt werden können (vgl Köln Beschl v 2.3.11 – II-4 WF 34/11, FamRZ 11, 1080). Dasselbe gilt, wenn der ASt das Verfahren nicht zügig betreibt; Fristverlängerungs- oder Terminverlegungsanträge können die Dringlichkeitsvermutung widerlegen (Hambg Beschl v 20.10.20 – 12 WF 125/20, NZFam 20, 1065). Der Anordnungsgrund entfällt, wenn der Anlass für die Anordnung nach ihrem Erlass dadurch wegfällt, dass der ASt bewusst auf den Schutz der Anordnung verzichtet; eine Aufrechterhaltung der Anordnung ›auf Vorrat‹ kommt nicht in Betracht (KG Beschl v 16.10.23 – 3 UF 35/23). Bei einem bestehenden Vergleich fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für ein erneutes Gewaltschutzverfahren nur, wenn der Vergleich geeignet ist, den vom ASt für notwendig erachteten Schutz zu bieten u sich der Vergleich in einen vollstreckungsfähigen Titel überführen lässt (Schlesw Beschl v 3.7.20 – 15 UF 4/20, FamRZ 20, 1835; Brandg Beschl v 26.9.18 – 13 WF 171/18, FamRZ 19, 1328). Der Antragsgegner kann die Vermutung des § 214 I 2 durch den Nachweis fehlender Dringlichkeit entkräften (Köln Beschl v 4.1.21 – II-10 UF 168/20, FamRZ 21, 1228).
IV. Glaubhaftmachung.
Rn 5
Der ASt muss die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung glaubhaft machen (§ 51 I 2), dh, es muss ein nicht zu vernachlässigender Grad an Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen der behaupteten Anordnungsgründe gegeben sein (Köln Beschl v 4.1.21 – II-10 UF 168/20, FamRZ 21, 1228; Naumb Beschl v 1.8.14 – 8 UF 121/14, FamRZ 15, 1225; Köln Beschl v 2.3.11 – II-4 WF 34/11, FamRZ 11, 1080; zu den Anforderungen an die Glaubhaftmachung auch: Hamm Beschl v 9.5.12 – II-8 UF 6/12, juris). Für die Glaubhaftmachung kann sich der ASt aller Beweismittel bedienen (§ 31 I). Zulässig sind allerdings nur präsente Beweismittel (§ 31 II). Nach § 31 I ist auch die Versicherung an Eides statt als Mittel der Glaubhaftmachung ausreichend (zur sog Gegenglaubhaftmachung: Köln Beschl v 4.1.21 – II-10 UF 168/20, FamRZ 21, 1228; Dresd Beschl v 27.8.18 – 22 UF 601/18, FuR 19, 169 = FamRZ 19, 533). Wird der Antrag zu Protokoll der Rechtsantragsstelle gestellt u verfügt der ASt über keine ausreichenden Deutschkenntnisse, ist die Glaubhaftmachung durch eidesstattliche Versicherung aber nur möglich, wenn ein Dolmetscher zur Verfügung steht. Als weitere Mittel zur Glaubhaftmachung kommen ärztliche Atteste und polizeiliche Dokumentationen in Betracht, ggf auch Videoaufzeichnungen (Saarbr Beschl v 27.10.10 – 9 UF 73/10, FamRZ 11, 985).