Gesetzestext

 

(1) 1Die Endentscheidung in Gewaltschutzsachen wird mit Rechtskraft wirksam.

2Das Gericht soll die sofortige Wirksamkeit anordnen.

(2) 1Mit der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit kann das Gericht auch die Zulässigkeit der Vollstreckung vor der Zustellung an den Antragsgegner anordnen. 2In diesem Fall tritt die Wirksamkeit in dem Zeitpunkt ein, in dem die Entscheidung der Geschäftsstelle des Gerichts zur Bekanntmachung übergeben wird; dieser Zeitpunkt ist auf der Entscheidung zu vermerken.

A. Normzweck/Regelungsinhalt.

 

Rn 1

§ 216 regelt die Wirksamkeit u Vollstreckbarkeit von Gewaltschutzanordnungen im Hauptsacheverfahren. Der Regelungsinhalt der Norm entspricht also § 64b II 1 FGG aF. Anders als nach der früheren Regelung ist die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit als Soll-Vorschrift ausgestaltet. Dadurch soll eine effektivere Durchsetzbarkeit von Schutzanordnungen nach dem GewSchG gewährleistet werden (BTDrs 16/6308, 252). Die Vorschrift betrifft nur Entscheidungen, die in Hauptsacheverfahren ergehen. Entspr gering ist ihre praktische Bedeutung.

B. Wirksamkeit der Entscheidung.

I. Hauptsacheverfahren.

1. Wirksamkeit mit Rechtskraft.

 

Rn 2

Endentscheidungen in Gewaltschutzsachen werden nach § 216 I 1 mit Eintritt der Rechtskraft wirksam u damit nach § 86 II vollstreckbar. Formelle Rechtskraft tritt nach § 45 S 1 ein, sobald die Beschwerdefrist von einem Monat nach § 63 I (im einstweiligen Anordnungsverfahren 2 Wochen, § 63 I Nr 1) abgelaufen ist. Die Frist beginnt gem § 63 III 1 mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten u – wenn diese nicht bewirkt werden kann – spätestens mit Ablauf von 5 Monaten nach Erlass des Beschlusses (§ 63 III 2). Rechtskraft tritt außerdem ein, wenn die Beteiligten auf Rechtsmittel verzichtet haben. Endentscheidungen des OLG werden rechtskräftig, wenn der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat.

2. Anordnung der sofortigen Wirksamkeit.

 

Rn 3

Das FamFG kennt keine vorläufige Vollstreckbarkeit iSd §§ 708 ff ZPO. Das FamG soll aber nach § 216 I 2 die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen. Dadurch soll eine effektive Durchsetzung von Gewaltschutzanordnungen ermöglicht werden. Dem Opfer einer Handlung iSd § 1 GewSchG soll nicht zugemutet werden, die Rechtskraft der Entscheidung abzuwarten zu müssen u bis dahin der Gefahr weiterer Übergriffe ausgesetzt zu sein. In der Praxis wird diesem Bedürfnis allerdings idR dadurch Rechnung getragen, dass die Betroffenen eine Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren herbeiführen. Aufgrund der Ausgestaltung der Regelung als Soll-Vorschrift kann das FamFG in begründeten Ausnahmefällen von der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit absehen. Daran ist insb zu denken, wenn keine Wiederholungsgefahr besteht, etwa weil der Täter im Anschluss an häusliche Gewalt die gemeinsame Wohnung endgültig verlassen hat oder aus anderen Gründen (zB Inhaftierung oder geschlossene Unterbringung des Täters) keine weiteren Übergriffe zu befürchten sind. Die Bestätigung eines Vergleichs nach § 214a bietet ggü der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit in einem neuen Verfahren keinen vergleichbaren Schutz, wenn die Zuwiderhandlungen des Antragsgegners in ihrer Intensität zugenommen haben (Schlesw Beschl v 3.7.20 – 15 UF 4/20, FamRZ 20, 1835).

II. Einstweilige Anordnung.

 

Rn 4

Im Gegensatz zu Entscheidungen im Hauptsacheverfahren werden einstweilige Anordnungen – nach § 53 II 2 – auch ohne entsprechende Anordnung mit ihrem Erlass sofort wirksam (Hamm Beschl v 6.1.11 – II-8 WF 322/10, FamRZ 11, 830). Der Erlass erfolgt gem § 38 III 3 durch Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle oder durch Verlesen der Beschlussformel.

C. Vollstreckung vor Zustellung.

I. Hauptsacheverfahren.

 

Rn 5

Nach § 216 II 1 kann das FamG mit der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit auch die Zulässigkeit der Vollstreckung vor der Zustellung an den Ag anordnen. Darin liegt eine Ausnahme vom Grundsatz, dass die Vollstreckung nur beginnen darf, wenn der Beschluss bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird (§ 87 II). Auch diese Regelung dient dem Schutz des Opfers vor weiteren Übergriffen im Zeitraum zwischen Erlass der Entscheidung und deren Zustellung. Ordnet das FamG die Zulässigkeit der Vollstreckung vor Zustellung an, wird die Entscheidung nach § 216 II 2 Hs 1 wirksam, sobald sie der Geschäftsstelle zur Bekanntmachung übergeben wird. Dieser Zeitpunkt ist gem § 216 II 2 Hs 2 auf der Entscheidung zu vermerken, und zwar mit Datum und Uhrzeit der Übergabe an die Geschäftsstelle.

II. Einstweilige Anordnung.

 

Rn 6

In einstweiligen Anordnungsverfahren in Gewaltschutzsachen kann das FamG nach § 53 II 1 die Zulässigkeit der Vollstreckung der einstweiligen Anordnung vor Zustellung an den Ag anordnen. Die einstweilige Anordnung wird dann gem § 53 II 2 mit ihrem Erlass wirksam (Hamm Beschl v 6.1.11 – II-8 WF 322/10, FamRZ 11, 830).

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