Gesetzestext

 

(1) Wird infolge eines gerichtlichen Verfahrens eine Tätigkeit des Familien- oder Betreuungsgerichts erforderlich, hat das Gericht dem Familien- oder Betreuungsgericht Mitteilung zu machen.

(2) Im Übrigen dürfen Gerichte und Behörden dem Familien- oder Betreuungsgericht personenbezogene Daten übermitteln, wenn deren Kenntnis aus ihrer Sicht für familien- oder betreuungsgerichtliche Maßnahmen erforderlich ist, soweit nicht für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, dass schutzwürdige Interessen des Betroffenen an dem Ausschluss der Übermittlung das Schutzbedürfnis eines Minderjährigen oder Betreuten oder das öffentliche Interesse an der Übermittlung überwiegen. Die Übermittlung unterbleibt, wenn ihr eine besondere bundes- oder entsprechende landesgesetzliche Verwendungsregelung entgegensteht.

A. Zweck der Vorschrift.

 

Rn 1

Zweck des § 22a ist der Schutz der Betroffenen – insb von Kindern – durch rechtzeitige Mitteilung von gerichtlichen Verfahren an die Familien- und Betreuungsgerichte (Beschlussempfehlung und Begründung des BT-RA zu § 22a FamFG-E in BTDrs 16/9733, S 288).

B. Geltungsbereich.

 

Rn 2

§ 22a gilt in den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und in Familiensachen, sofern keine Sonderregelungen bestehen (zB nach §§ 152 Abs 4 S 2, 167 Abs 1, 2, 272 Abs 2 S 2, 313 Abs 4 S 1). Vorschriften, die anderweitige Mitteilungen regeln (zB §§ 168a Abs 1, 2, 216a S 1, 309 Abs 1, 2, 310, 311 S 1, 338 S 1, 347 Abs 1 S 1, 379 Abs 1, 2, 400, 431), schließen § 22a ebenso wenig aus wie die im BAnz veröffentlichten und in den meisten Kommentaren zur ZPO und StPO abgedruckten Anordnungen über die Mitteilungen in Zivil- und Strafsachen (MiZi und MiStra). Die Regelung soll auch in Ehe- und Familienstreitsachen anwendbar sein (Prütting/Helms/Ahn-Roth § 22a Rz 1). Wegen der Zersplitterung der Mitteilungspflichten in § 22a und anderen Gesetzen ist der Zugang der mit der Bearbeitung von Angelegenheiten des FamFG befassten Gerichte zu Informationen nicht lückenlos. Wertvolle Informationen können auch von Notaren und Rechtsanwälten, Sachverständigen, Angehörigen der Heilberufe, Beschäftigten in Alten-, Behinderten- und Pflegeheimen mit ambulanten Pflegediensten und Werkstätten für behinderte Menschen und Tagesförderstellen sowie Betreuern kommen (Bienwald BTPrax 19, 97, 98). Der Anwendungsbereich des § 22a erscheint daher zu kurz gegriffen und sollte zur ordnungsgemäßen Erfüllung seines Zwecks – einem möglichst lückenlosen Schutz der Betroffenen – dringend erweitert werden.

C. Mitteilungspflicht (Abs 1).

 

Rn 3

Abs 1 ergeht durch das mit einem Fall befasste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit (Zivil- und Strafgericht, Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit) oder Fachgerichtsbarkeit (Arbeits-, Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgericht) aller Instanzen (Prütting/Helms/Ann-Roth § 22a Rz 2) an das Familien- oder Betreuungsgericht eine Mitteilung, wenn dessen Tätigkeit infolge eines zivil- oder strafgerichtlichen Verfahrens eines anderen Gerichts erforderlich ist. Die gesetzliche Anordnung ist an Gerichte aller Instanzen gerichtet und besteht nur dann nicht, wenn nur gelegentlich eines gerichtlichen Verfahrens Maßnahmen veranlasst sind.

D. Mitteilungsbefugnis (Abs 2).

 

Rn 4

Nach Abs 2 dürfen Gerichte und Behörden dem Familien- und Betreuungsgericht personenbezogene Daten übermitteln, wenn deren Kenntnis aus ihrer Sicht für familien- oder betreuungsrechtliche Maßnahmen erforderlich ist, insb für die Anordnung einer Vormundschaft (§ 1773 BGB), Pflegschaft (§§ 1909 ff BGB aF bzw § 1809, 1811 BGB nF) oder Betreuung (§ 1896 BGB aF bzw §§ 1814 ff BGB nF). Die insoweit erforderliche Interessenabwägung obliegt der übermittelnden Stelle (Prütting/Helms/Ann-Roth § 22a Rz 6).

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