I. Auskunft- und Belegvorlagepflicht Dritter (Abs 1).

1. Gegenstand der Auskunft.

 

Rn 2

Die Inanspruchnahme Dritter ist im Verhältnis zu § 235 inhaltlich begrenzt: Abweichend von § 235 können von Dritten nach § 236 nur Angaben zu den Einkünften eines Beteiligten, demgegenüber nicht zu seinem Vermögen oder seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen erfragt werden. Durch diese Beschränkung soll eine Ausforschung verhindert werden, zumal der Bestand des Vermögens zu einem bestimmten Stichtag für die Berechnung des Unterhalts eine untergeordnete Rolle spielt und die Erträge des Vermögens, wie etwa Zinsen, vom Begriff der Einkünfte umfasst sind (BTDrs 16/6308, 256).

2. Adressaten des Auskunftsverlangens.

 

Rn 3

Der in Abs 1 Nr 1–5 enthaltene Kreis der Adressaten des Auskunftsverlangens entspricht den in § 643 II 1 Nr 1 und 3 ZPO aF genannten Dritten. Die Aufzählung ist abschließend; es ist dem Gericht verwehrt, von anderen als den genannten Auskunftgebern, zB von Banken (Viefhues FuR 13, 10, 25), Auskünfte einzuholen (vgl Prütting/Helms/Bömelburg § 236 Rz 7; MüKoFamFG/Pasche § 235 Rz 7; Zö/Lorenz § 236 Rz 3; ThoPu/Hüßtege § 236 Rz 4; Dutta/Jacoby/Schwab/Langheim § 236 Rz 1).

 

Rn 4

Dritte iSv § 236 sind:

  • Arbeitgeber (Nr 1): Der Begriff ist funktional zu verstehen und schließt auch öffentlich-rechtliche Dienstherren ein (BTDrs 13/7338, 35 zu § 643 ZPO aF); entscheidend ist ein Über- und Unterordnungsverhältnis (Viefhues FPR 10, 162, 166).
  • Sozialleistungsträger (Nr 2) iSv § 12 SGB I, die sich im Einzelnen aus §§ 1829 SGB I ergeben (vgl zB die weitergehende Übersicht bei MüKoFamFG/Pasche § 236 Rz 10), die KSK (§§ 37 ff KSVG). Das Auskunftsersuchen kann sich dabei sowohl auf die Sozialleistung als auch auf einzelne Berechnungselemente der (künftigen) Sozialleistung oder ihr zugrunde liegende tatsächliche Verhältnisse (vornehmlich Arbeitsentgelt oder -einkommen) beziehen, soweit diese für die Bemessung eines Unterhaltsanspruchs von Bedeutung sind. Im Interesse der Normenklarheit und der Abstimmung mit dem Sozialdatenschutz (§ 35 I 4 SGB I) wurde die KSK besonders erwähnt. Der Postrentendienst der Deutschen Bundespost wurde aus technischen Gründen nicht mit aufgenommen. Die Übermittlung der Sozialdaten beurteilt sich ausschließlich nach § 74 Nr 1 lit a SGB X (BTDrs 13, 7338, 35 zu § 643 ZPO aF).
  • sonstige Personen oder Stellen (Nr 3): Unter diesen weit auszulegenden Auffangtatbestand (Viefhues FPR 10, 162, 166) fallen insb private, betriebliche oder berufsständische Träger der Alters- und Erwerbsminderungsversorgung, die in § 69 II SGB X aufgezählt sind (BTDrs 13/7338, 36 zu § 643 ZPO aF). Hierunter fallen Versorgungseinrichtungen der Selbstständigen, die Träger der dienstlichen Altersversorgung nach dem BetrAVG und sonstige Unterstützungskassen (zB Prütting/Helms/Bömelburg § 236 Rz 10a; Zö/Lorenz § 236 Rz 6; Sternal/Weber § 236 Rz 4). Erfasst sind auch Träger einer privaten Rentenversicherungsleistung aus einer Kapitalversicherung (Musielak/Borth/Borth/Grandel § 236 Rz 6; Prütting/Helms/Bömelburg § 236 Rz 10a; Zö/Lorenz § 236 Rz 6). Die Übermittlung der Sozialdaten beurteilt sich ausschließlich nach § 74 Nr 1 lit a SGB X (ausdr MüKoFamFG/Pasche § 236 Rz 11).
  • Versicherungsunternehmen (Nr 4): bezieht Versicherungsunternehmen in den Kreis der Adressaten eines Auskunftsersuchens ein, soweit sie Leistungen gewähren, die unterhaltsrechtlich beachtlich sind, jedoch nicht eine bedarfsdeckende Versorgung iSv Nr 3 darstellen, also nicht als laufende, wiederkehrende Rente, sondern in Form einer Kapitalleistung aus einer Kapitallebensversicherung gezahlt werden (BTDrs 13/7338, 36 zu § 643 ZPO aF).
  • Finanzämter (Nr 5): Die in § 643 II Nr 3 ZPO aF enthaltene Beschränkung auf Rechtsstreitigkeiten über den Unterhalt minderjähriger Kinder wurde nicht übernommen (BTDrs 16/6308, 256).

II. Verpflichtung des Gerichts (Abs 2).

 

Rn 5

Ebenso wie dies in § 235 II vorgesehen ist, kann das Gericht bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs 1 auf Antrag des anderen Beteiligten verpflichtet werden, Auskünfte von Dritten einzuholen. Es gelten die Ausführungen zu § 235 II.

III. Gerichtliche Anordnung, Mitteilungspflicht (Abs 3).

 

Rn 6

Die Anordnung erfolgt durch verfahrensleitende Verfügung nach § 113 I iVm § 273 II ZPO; ein förmlicher Beweisbeschluss ist nicht veranlasst (ausdr Schulte-Bunert/Weinreich/Klein § 236 Rz 4; Zö/Lorenz § 236 Rz 9; Prütting/Helms/Bömelburg § 236 Rz 18: Schriftform). Inhaltlich entspricht sie der Anordnung nach § 235 I und muss insb hinreichend konkret gefasst sein (ausdr Schulte-Bunert/Weinreich/Klein § 236 Rz 4; Zö/Lorenz § 236 Rz 9). Die Anordnung ist zuzustellen (Zö/Lorenz § 236 Rz 9; Prütting/Helms/Bömelburg § 236 Rz 18 mwN).

 

Rn 7

Gem Abs 3 ist eine Anordnung nach Abs 1 den (weiteren) Beteiligten mitzuteilen. Die Vorschrift dient der Information der Beteiligten; auch ein vergleichbarer Beweisbeschluss würde den Beteiligten übermittelt. Die Einholung von Auskünften und Belegen bei Dritten soll nicht ohne gleichzeitige Kenntniserlangung der Beteiligten erfolgen (BTDrs 16/6308, 256).

IV. Aussage- und Zeugnisverweigerungsrechte (Abs 4).

 

Rn 8

Die Regelung entspricht § 643 III 1 ZPO aF und stellt klar, dass die in Abs 1 Nr 1–5 genannten Adressaten der gerichtlichen Anordnung Folge leisten m...

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