Rn 33
Abs 3 bestimmt die zeitliche Grenze, bis zu der eine rückwirkende Abänderung der Unterhaltsentscheidung möglich ist.
1. Grundsatz: Rechtshängigkeit des Antrags (S 1).
Rn 34
Grds ist die Abänderung einer Unterhaltsentscheidung ab Rechtshängigkeit des Abänderungsantrags möglich. Es kommt auf die förmliche Zustellung an den Gegner an (§§ 113 I 2 FamFG iVm §§ 253 I, 261 I ZPO); dem entspricht weder die Einreichung des Antrags bei Gericht noch die formlose Übersendung eines VKH-Antrags (ausdr BTDrs 16/6308, 258). Ist ein Abänderungsantrag iR einer Anschlussbeschwerde gestellt worden und wird diese nach Rücknahme der Beschwerde gem § 66 S 2 wirkungslos, ist für einen nachfolgend isoliert gestellten Abänderungsantrag auf die Zustellung der Anschlussschrift abzustellen (Prütting/Helms/Bömelburg § 238 Rz 127; Sternal/Weber § 238 Rz 70).
2. Erhöhung des Unterhalts (S 2).
Rn 35
Eine Erhöhung des zugesprochenen Unterhalts kann nur unter den Voraussetzungen verlangt werden, nach denen nach dem materiellen Recht Unterhalt für die Vergangenheit verlangt werden kann. Maßgebend ist § 1613 I BGB; die Vorschrift gilt unmittelbar für den Verwandtenunterhalt, ist aber aufgrund der Verweisungen in §§ 1361 IV 4, 1360a III BGB für den Familien- und Trennungsunterhalt sowie in § 1585b II BGB für den nachehelichen Unterhalt anzuwenden. Gleiches gilt für den Unterhalt der nichtehelichen Mutter oder des nichtehelichen Vaters nach § 1615l BGB, vgl § 1615l III 1 BGB. Die Erhöhung laufenden Unterhalts kann ab dem Zeitpunkt verlangt werden, in welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, Auskünfte über Einkommen und Vermögen zu geben oder er nach § 286 BGB in Verzug geraten ist. Maßgebend ist gem § 1613 I 2 BGB der Erste des Monats, in dem das Auskunftsverlangen oder die Mahnung zugegangen ist.
3. Herabsetzung des Unterhalts (S 3).
Rn 36
Die Herabsetzung des titulierten Unterhalts ist gem Abs 3 S 3 für die Zeit ab dem Ersten des auf ein entsprechendes Auskunfts- oder Verzichtsverlangen des ASt folgenden Monats zulässig. Auf diese Weise soll die Gleichbehandlung von Gläubiger und Schuldner erreicht werden (BTDrs 16/6308, 258). Erforderlich ist entweder ein Auskunftsverlangen mit dem Ziel der Herabsetzung des Unterhalts gegenüber dem Unterhaltsgläubiger oder eine ›negative Mahnung‹, also die Aufforderung an den Unterhaltsgläubiger, teilw oder vollständig auf den titulierten Unterhalt zu verzichten. Das Verzichtsverlangen iSv § 238 III 3 unterliegt spiegelbildlich den Voraussetzungen der Mahnung in § 1613 I 1 BGB. Erforderlich ist die Aufforderung an den Unterhaltgläubiger, teilw oder vollständig auf den titulierten Unterhalt zu verzichten. Diesen Anforderungen genügt eine Mitteilung des Unterhaltsschuldners an den Unterhaltsgläubiger, in welcher der Unterhaltsschuldner schlüssig darlegt, dass nunmehr nur noch ein geringer Unterhalt geschuldet sei und er den Unterhaltsgläubiger ernsthaft zu der Erklärung auffordert, die Herabsetzung des Unterhalts zu akzeptieren (Kobl FuR 15, 486; Brandbg FamRZ 14, 1216; Hambg MDR 13, 160). Die Bitte um Neuberechnung des Unterhalts durch das Jugendamt reicht nicht aus (Kobl FuR 15, 486).
4. Ausschluss der Abänderung (S 4).
Rn 37
Für eine mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit des Abänderungsantrags liegende Zeit kann die Herabsetzung des Unterhalts nicht verlangt werden; die Regelung ist § 1585b BGB nachgebildet (BTDrs 16/6308, 258). Der Gesetzgeber hat die Vorschrift rein verfahrensrechtlich ausgestaltet; sie hat keinen materiell-rechtlichen Inhalt. Bei einer Herabsetzung könne sich zB die Frage der Verjährung nicht stellen, wenngleich unter engen Voraussetzungen jedenfalls die Verwirkung eines prozessualen Rechts in Betracht kommen könne. Aus Gründen der Rechtssicherheit erscheint es erforderlich, das Herabsetzungsverlangen zeitlich zu begrenzen (BTDrs 16/6308, 258).