Rn 6
Nach § 240 II 1 kann der Unterhaltspflichtige eine rückwirkende Herabsetzung seiner titulierten Unterhaltsverpflichtung für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Antrags nur verlangen, wenn er seinen Antrag nach § 240 innerhalb eines Monats nach Rechtskraft des abzuändernden Beschlusses ›stellt‹. Im Gegensatz zu § 654 II ZPO aF (›Klage … erhoben‹) ist nicht ersichtlich, ob die Anhängigkeit des Antrags ausreicht. Da der Gesetzgeber eine Änderung der in § 654 II ZPO aF enthaltenen Regelung nicht bewirken wollte (BTDrs 16/6308, 259), wird überwiegend vertreten, dass nach wie vor die Rechtshängigkeit des Antrags erforderlich ist (Prütting/Helms/Bömelburg § 240 Rz 15; Sternal/Weber § 240 Rz 6; ThoPu/Hüßtege § 240 Rz 4; Dutta/Jacoby/Schwab/Langheim § 240 Rz 12; aA Zö/Lorenz § 240 Rz 8: bessere Gründe für Anhängigkeit des Antrags). Gem § 113 I 2 ist die Vorschrift des § 167 ZPO, die eine Rückwirkung der Zustellung auf den Zeitpunkt des Eingangs der Antragsschrift bei Gericht ermöglicht, allerdings anwendbar (Prütting/Helms/Bömelburg § 240 Rz 15; Sternal/Weber § 240 Rz 7; KG ZKJ 10, 290; Brandbg FamRZ 07, 2085). Die Einreichung eines VKH-Antrags reicht nicht aus (Prütting/Helms/Bömelburg § 240 Rz 16; Zö/Lorenz § 240 Rz 8; Zweibr FamRZ 08, 799), selbst dann nicht, wenn der VKH-Antrag förmlich zugestellt worden ist (Hamm FamRZ 08, 1540). Nach Ablauf der Monatsfrist (§ 113 I 2 iVm § 222 ZPO) kann die Herabsetzung nur für die Zeit ab Rechtshängigkeit erfolgen. Wird die Frist versäumt, kann Wiedereinsetzung gem § 113 I 2 iVm § 233 ZPO gewährt werden (Sternal/Weber § 240 Rz 8; Zö/Lorenz § 240 Rz 8).
Rn 7
Ist innerhalb der Monatsfrist ein Antrag des Unterhaltsberechtigten auf Erhöhung anhängig geworden, gilt die Monatsfrist des § 240 II 1 ausnw nicht; gem § 240 II 2 läuft die Frist in diesem Fall nicht vor Beendigung des auf Heraufsetzung gerichteten Verfahrens ab. Durch diese dem § 654 II 2 ZPO aF inhaltlich entsprechende Regelung soll der Unterhaltspflichtige, der im Interesse des Rechtsfriedens zunächst davon abgesehen hat, seinerseits Rechte mit einem Abänderungsantrag geltend zu machen, geschützt werden (BTDrs 13/7338, 43 f zu § 654 II 2 ZPO aF).
Rn 8
Die Regelung in S 1 wird durch § 240 II 3 modifiziert: Trotz Ablaufs der Monatsfrist kann der Unterhaltspflichtige die rückwirkende Herabsetzung verlangen, wenn er das Kind vorher zur Auskunft oder zum Verzicht aufgefordert hat; wie bei § 238 II 3 soll eine Gleichbehandlung von Gläubiger und Schuldner erreicht werden (BTDrs 16/6308, 258). Wegen der Anforderungen an die Aufforderung kann auf die Ausführungen zu § 238 Bezug genommen werden (vgl § 238 Rn 31).
Rn 9
Schließlich enthält § 240 II 4 iVm § 238 III 4 eine generelle Begrenzung des Rückwirkungszeitraums. Für eine mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit liegende Zeit kann eine Herabsetzung des Unterhalts nicht verlangt werden. Diese Regelung ist im Hinblick auf die zunächst nur pauschal erfolgte Festsetzung des Unterhalts problematisch (vgl Bork/Jacoby/Schwab/Hütter/Kodal (3. Aufl) § 240 Rz 7: ›potenziell rechtstaatswidrig‹), was insb bei Entscheidungen nach § 237 deutlich wird, wo eine Titulierung rückständigen Unterhalts ab dem – möglicherweise lang zurückliegenden – Tag der Geburt des Kindes ermöglicht wird. Deshalb ist eine teleologische Reduktion dahingehend vorzunehmen, dass der Unterhaltspflichtige bei einem von ihm innerhalb der Frist des § 240 II 1 gestellten Antrag eine Herabsetzung der Unterhaltsverpflichtung auch für Zeiträume verlangen kann, die mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit seines Abänderungsverlangens liegen (ebenso Prütting/Helms/Bömelburg § 240 Rz 21; Bork/Jacoby/Schwab/Hütter/Kodal (3. Aufl) § 240 Rz 7; Zö/Lorenz § 240 Rz 12; ThoPu/Hüßtege § 240 Rz 4; wohl auch MüKoFamFG/Pasche § 240 Rz 9: wenn aus Gründen der Billigkeit geboten; KG ZKJ 10, 290; Nürnbg FamRZ 12, 1242; aA Sternal/Weber § 240 Rz 11).