I. Zulässigkeitsvoraussetzungen (S 1).
Rn 2
Die entsprechende Anwendung des § 769 ZPO setzt die Anhängigkeit eines Abänderungsantrags auf Herabsetzung der Unterhaltspflicht voraus; der Antrag muss noch nicht zugestellt worden sein. Deshalb kann dem Antragsgegner (Unterhaltsberechtigter) VKH bereits bewilligt werden, bevor der Abänderungsantrag in der Hauptsache rechtshängig ist; dies gilt allerdings nicht für die Rechtsverteidigung gegenüber dem Abänderungsbegehrten in der Hauptsache (Hamm FamRZ 11, 1317). Ausreichend ist auch, dass ein entsprechender Antrag auf Bewilligung von VKH gestellt worden ist.
Rn 3
Wurde der Unterhalt im einstweiligen Anordnungsverfahren tituliert, kann der Unterhaltsschuldner die Einstellung der Zwangsvollstreckung während eines Aufhebungs- oder Abänderungsverfahrens gem § 55 beantragen. Die Vorschrift des § 242 ist nicht anwendbar. Geht der Unterhaltsschuldner demgegenüber mit einem negativen Feststellungsantrag gegen eine im einstweiligen Anordnungsverfahren ergangene Entscheidung über laufende Unterhaltsleistungen vor, kann er in diesem Verfahren zugleich einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 242 stellen, wenngleich der Wortlaut des § 242 den negativen Feststellungsantrag ausdr nicht erfasst (vgl Prütting/Helms/Bömelburg § 242 Rz 6; Sternal/Weber § 242 Rz 17; Dutta/Jacoby/Schwab/Langheim § 242 Rz 2; Bahrenfuss/Schwedhelm § 242 Rz 5).
Rn 4
Ein Rechtsschutzinteresse für eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung besteht, sobald der Unterhaltsgläubiger im Besitz eines vollstreckbaren Unterhaltstitels ist; die Zwangsvollstreckung muss noch nicht begonnen haben; diese darf jedoch nicht beendet sein.
Rn 5
Der Unterhaltsschuldner muss einen Einstellungsantrag nach § 769 I 1 ZPO stellen und die das Abänderungsbegehren begründenden Tatsachen vortragen und glaubhaft machen (§ 769 I 3 ZPO iVm § 294 ZPO).
II. Zuständigkeit.
Rn 6
Zuständig für den Erlass einer Einstellungsanordnung ist das Verfahrensgericht der ersten Instanz (bzw das Rechtsmittelgericht), bei dem der Abänderungsantrag nach §§ 238–240 anhängig ist bzw ein entsprechender VKH-Antrag gestellt worden ist. Bei dieser Zuständigkeit verbleibt es auch dann, wenn die Sache wegen einer sofortigen Beschwerde gegen die Entscheidung über den VKH-Antrag in die Beschwerdeinstanz gelangt ist (Hamm FamFR 11, 90).
Rn 7
§ 769 Abs 2 ZPO sieht eine Notzuständigkeit des Vollstreckungsgerichts (zuständig ist der Rechtspfleger, § 769 II ZPO iVm § 20 Nr 17 RPflG) vor, das ›in dringenden Fällen‹, dieselben Entscheidungen treffen kann wie das für die Hauptsache zuständige Gericht; ein solcher Fall könnte vorliegen, wenn der Gläubiger mit der Vollstreckung vor Antragstellung begonnen hat (vgl § 769 ZPO Rn 15; Zö/Herget § 769 Rz 12). Der Rechtspfleger hat eine Frist zu setzen, innerhalb derer eine Entscheidung des Familiengerichts beizubringen ist. Bei fruchtlosem Fristablauf hat er seine Entscheidung aufzuheben.
III. Verfahren, Entscheidung.
Rn 8
Das Gericht entscheidet über den Antrag nach Gewährung rechtlichen Gehörs nach billigem Ermessen, das maßgeblich durch die Erfolgsaussicht des Abänderungsbegehrens bestimmt wird (Prütting/Helms/Bömelburg § 242 Rz 13 mwN; Sternal/Weber § 242 Rz 7 mwN; Zö/Lorenz § 242 Rz 4). Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt nicht in Betracht, wenn die Erfolgsaussichten des Abänderungsbegehrens vollständig fehlen; ansonsten sind die Schutzbedürfnisse von Unterhaltsgläubiger und -schuldner gegeneinander abzuwägen (Zweibr FamRZ 02, 556). Aufgrund des Versorgungscharakters von Unterhaltsleistungen reicht es für sich genommen nicht aus, dass die Gefahr besteht, dass der Unterhaltsgläubiger das Geld für sich verbraucht (Hamm STREIT 15, 79).
Rn 9
Das Gericht kann die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstellen, die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen und die Aufhebung der Zwangsvollstreckung gegen Sicherheit anordnen. Soll die Gesamtvollstreckung ohne Sicherheitsleistung eingestellt werden, muss der Unterhaltsschuldner gem § 769 I 2 ZPO glaubhaft machen, dass er zu einer Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (Prütting/Helms/Bömelburg § 242 Rz 15). Die Möglichkeit der Anordnung einer Sicherheitsleistung ist in § 120 II nicht vorgesehen (§ 120 ZPO Rn 4).
IV. Anfechtbarkeit (S 2).
Rn 10
Gem S 2 ist die Entscheidung über den Einstellungsantrag nicht anfechtbar; dies gilt auch bei einer ablehnenden Entscheidung. Über die – unzulässige – Beschwerde hat das Beschwerdegericht nicht durch den Einzelrichter, sondern durch den Senat in voller Besetzung zu entscheiden (KG FamRZ 11, 583). Sofern in dringenden Fällen das Vollstreckungsgericht durch den Rechtspfleger entschieden hat, findet gegen seine Entscheidung die befristete Erinnerung nach § 11 Abs 2 S 1 RPflG statt (Prütting/Helms/Bömelburg § 242 Rz 21; Sternal/Weber § 242 Rz 8; Bumiller/Harders/Schwamb § 242 Rz 5).
V. Kosten und Gebühren.
Rn 11
Bei dem Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 242 iVm § 769 ZP...