Gesetzestext
(1) Güterrechtssachen sind Verfahren, die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht betreffen, auch wenn Dritte an dem Verfahren beteiligt sind.
(2) Güterrechtssachen sind auch Verfahren nach § 1365 Absatz 2, § 1369 Absatz 2, den §§ 1382, 1383, 1426, 1430 und § 1452 des Bürgerlichen Gesetzbuches in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 2, Artikel 12 Absatz 2 Satz 2 und Artikel 17 des Abkommens vom 4. Februar 2010 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft.
A. Normzweck.
Rn 1
§ 261 definiert den Begriff der ›Güterrechtssache‹ (Sternal/Weber § 111 Rz 1). Es wird aber unterschieden zwischen Güterrechtssachen iSd § 261 Abs 1 und solchen iSd § 261 Abs 2. Güterrechtssachen iSd Abs 1 sind Familienstreitsachen, § 112 Nr 2. Folgen sind der Anwaltszwang und ein Verweis auf Verfahrensregelungen der ZPO. Die Güterrechtssachen, die gesondert in § 261 Abs 2 aufgeführt sind, sind mangels Anwendungsbereichs des § 112 Nr 2 keine Familienstreitsachen, sondern Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Bedeutung haben die §§ 261 ff insb für Güterrechtssachen, die nicht in den Verbund fallen. Denn bei Verbundverfahren werden Scheidung und Folgesachen zusammen verhandelt. Es ergeht dann eine einheitliche Entscheidung, §§ 137 ff in einem einheitlichen Verfahren. Das grenzt die Anwendbarkeit der §§ 261 ff auf die Verfahren ein, die nicht im Zusammenhang mit der Ehescheidung durchgeführt werden. Zu diesen sog isolierten Güterrechtsverfahren zählen zB Verfahren auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft. Der hierauf gerichtete Anspruch besteht unabhängig von der Ehescheidung. Erfasst sind aber auch Verfahren, deren Streitgegenstand die Geltendmachung des Zugewinnausgleichsanspruchs aus § 1371 Abs 2, also im Falle des Versterbens des Ehegattens, beinhaltet (München Beschl v 23.6.23 – 33 W 460/23 e, www.Bayern.Recht). Die jeweiligen Verfahren werden außerhalb des Verbunds rechtshängig gemacht und entschieden. Die Frage der Zuständigkeit richtet sich dann nach §§ 261 ff (BGH Beschl v 16.5.19 – V ZB 101/18, FamRZ 19, 1345).
B. TB-Voraussetzungen.
I. Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht.
Rn 2
›Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht‹ sind Ansprüche, die im Zusammenhang mit der Zugewinngemeinschaft, Eheverträgen und der Gütergemeinschaft stehen. Es sind sämtliche sich unmittelbar aus der Ehe ergebenden vermögensrechtlichen Beziehungen umfasst (Frankf Beschl v 12.4.13 – 4 UF 39/12, openJur 13, 28094). Das gilt auch für Verfahren auf vorzeitigen Zugewinnausgleich oder vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft nach §§ 1385, 1386 BGB (BGH Beschl v 16.5.19 – V ZB 101/18, FamRZ 19, 1345) und Vollstreckungsgegenanträge nach § 113 Abs 1 S 2 FamFG iVm § 767 ZPO (Celle Beschl v 22.3.21 – 17 AR 3/21, openJur 21, 14215). Ansprüche bei Gütertrennung sind hingegen keine Güterrechtssachen, sondern sonstige Familiensachen iSd § 266 Abs 1 Nr 3 (Sternal/Giers § 261 Rz 5). Aber ein Verfahren auf Gewährung einer Unterhaltsrente kann dem ehelichen Güterrecht unterfallen. Voraussetzung ist dann, dass die Unterhaltsrente zur Abgeltung des Zugewinnausgleichs vereinbart worden war (ThoPu/Hüßtege § 261 FamFG Rz 2). Während ein Anspruch aus § 1365 Abs 2 BGB, also ein Verfahren auf Zustimmung zur Verfügung über Vermögen im Ganzen, gem § 261 Abs 2 zu den Familiensachen zählt, handelt es sich bei Verfahren nach § 1368 BGB, der Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Verfügung wegen fehlender Zustimmung gegen Dritte, um eine Güterrechtssache nach § 261 Abs 1, also eine Familienstreitsache (LG Stuttgart Beschl v 21.11.11 – 18 O 395/11, openJur 12, 67463 = FamRZ 12, 569). Ein Verfahren auf Eintragung eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs wird idR als eine Güterrechtssache iSd § 261 Abs 1 behandelt, wenn das Verfahren im Zusammenhang mit bspw einem Zugewinnausgleichsverfahren steht (Stuttg Beschl v 20.2.12 – 17 UF 396/11, openJur 12, 67814). Eine andere Ansicht aber ordnet derartige Verfahren als sonstige Familiensachen iSd § 266 ein (Karlsr Beschl v 15.5.23 – 5 UF 31/22, FamRZ 23, 1488 ff). Umstritten ist auch die Frage, ob ein Anspruch auf Zugewinnausgleich im Todesfall dem Güter- oder dem Erbrecht zuzuordnen ist. Im Gegensatz zu Ansichten in der Literatur (Büte FK 1/10) geht die Rspr davon aus, dass auch ein Verfahren über einen Anspruch auf Zugewinn im Todesfall nach § 1371 Abs 1 BGB eine Güterrechtssache im genannten Sinne ist (München Beschl v 23.6.23 – 33 W 460/23 e – www.Bayern.Recht; Celle Beschl v 22.3.21 – 17 AR 3/21, openJur 21, 14215). Ggf sind Verfahren entspr aufzuspalten in ein Verfahren vor dem Familiengericht (Zugewinnausgleich nach § 1371 Abs 1 BGB) und ein Verfahren vor dem ordentlichen Gericht (erbrechtlicher Anspruch nach § 1931 BGB). Ebenfalls umstritten ist, wie ein Anspruch auf Herausgabe der Brautgabe oder der Morgengabe zu qualifizieren ist. Da der jeweilige Anspruch nach Ansicht des BGH nicht dem Unterhaltsrecht unterfällt, wird er als oder wie eine güterrechtliche Angelegenheit behandelt (Celle Beschl v 25.9.20 – 10 WF 107/2...