I. Allgemeines.
Rn 4
Nach Abs 1 wird das örtlich zuständige Gericht durch das nächsthöhere gemeinsame Gericht bestimmt (BGH MDR 88, 1029). Die Vorschrift dient nicht zur Bestimmung der sachlichen, funktionellen oder internationalen Zuständigkeit.
II. Hinderung an der Ausübung der Gerichtsbarkeit (Nr 1).
Rn 5
Abs 1 Nr 1 setzt voraus, dass das örtlich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung der Gerichtsbarkeit rechtlich oder tatsächlich gehindert ist. Bei dem zuletzt genannten Fall ist das Gericht wegen Urlaubs, Krankheit oder Naturkatastrophen nicht mehr ordnungsgemäß besetzt. Eine Verhinderung in rechtlicher Hinsicht liegt vor, wenn die zuständigen Entscheidungsträger kraft Gesetzes nach § 6 von der Ausübung ihres Amtes ausgeschlossen sind, sich der Ausübung wegen der Besorgnis der Befangenheit enthalten oder bereits wegen Befangenheit abgelehnt wurden (Prütting/Helms/Prütting § 5 Rz 12).
III. Ungewissheit über die örtliche Zuständigkeit (Nr 2).
Rn 6
Abs 1 Nr 2, 1. Alt gilt bei Ungewissheit über die Grenzen der Gerichtsbezirke und damit über die örtliche Zuständigkeit der Gerichte. Abs 1 Nr 2, 2. Alt erfasst als Generalklausel ›sonstige tatsächliche Gründe‹, bei denen die rechtliche Beurteilung der Zuständigkeitsfrage unmöglich ist, weil die Umstände unklar oder nicht aufklärbar sind, bspw, weil das von einem Beteiligten bewohnte Haus über die Grenze zweier Gerichtsbezirke verläuft, der Sterbeort eines wohnsitzlosen Erblassers unbekannt ist oder ein Findelkind in einem Zug aufgefunden wird (Prütting/Helms/Prütting § 5 Rz 15).
IV. Positiver Kompetenzkonflikt (Nr 3).
Rn 7
Abs 1 Nr 3 ist anwendbar, wenn mindestens 2 Gerichte mit einer Angelegenheit befasst wurden, jedes Gericht die Zuständigkeit für sich in Anspruch nimmt, ohne den Vorzug eines anderen Gerichts anzuerkennen, und deshalb die Abgabe des Verfahrens an das örtlich zuständige Gericht unterbleibt (positiver Kompetenzkonflikt, Prütting/Helms/Prütting § 5 Rz 18). Die Entscheidungen über die örtliche Zuständigkeit müssen rechtskräftig sein; das ist idR der Fall bei bindenden Verweisungen nach §§ 3 Abs 1 S 1, 154 S 1, 187 Abs 4 S 2, 343 Abs 2 S 2. Eine Entscheidung in der Hauptsache darf hingegen noch nicht ergangen sein, weil Abs 1 Nr 3 eine Sachentscheidung ermöglichen will (Bumiller/Harders/Schwamb/Bumiller § 5 Rz 8).
V. Negativer Kompetenzkonflikt (Nr 4).
Rn 8
Bei dem negativen Kompetenzkonflikt nach Abs 1 Nr 4 haben sich verschiedene Gerichte für unzuständig erklärt oder jedes Gericht hält das jeweils andere für zuständig (sog negativer Kompetenzkonflikt, KG Rpfleger 77, 100, 101). Es müssen bewusst sich ausschließende, aber verbindliche Stellungnahmen über die Zuständigkeit vorliegen, die nicht objektiv willkürlich sind, wobei ein Beschluss nach § 38 nicht erforderlich ist. Vielmehr genügt jede die Zuständigkeit leugnende Entscheidung (Prütting/Helms/Prütting § 5 Rz 23).
VI. Streit über die Abgabe (Nr 5).
Rn 9
Abs 1 Nr 5 gilt dann, wenn eine Abgabe aus wichtigem Grund nach § 4 erfolgen soll, die mit der Angelegenheit befassten Gerichte sich darüber aber nicht einigen können. Das ist bspw dann der Fall, wenn ein Gericht die Zuständigkeit zunächst bejaht hat, dann aber wegen eines wichtigen Grundes abgeben möchte, das andere Gericht die Angelegenheit aber nicht übernehmen will. Das zur Bestimmung der Zuständigkeit berufene Gericht prüft in diesem Fall nur, ob ein wichtiger Grund zur Abgabe vorliegt (Prütting/Helms/Prütting § 5 Rz 26).