I. Ablehnungsgründe.
Rn 15
Eine Gerichtsperson kann nach Abs 1 iVm § 41 ZPO von der Ausübung ihres Amtes ausgeschlossen sein bzw kann die Besorgnis ihrer Befangenheit bestehen. Enthält sie sich nicht der weiteren Tätigkeit, können sie die Beteiligten ablehnen.
II. Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit.
Rn 16
Nach § 42 Abs 2 ZPO besteht die Besorgnis der Befangenheit dann, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Gerichtsperson zu rechtfertigen. Erforderlich sind objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden bei ruhiger und vernünftiger Betrachtung (BGH FGPrax 22, 94; NJW-RR 15, 444, 445; 14, 1469; BGH FamRZ 04, 176) die Befürchtung wecken können, die Gerichtsperson stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (zB sachwidrige Einschränkung der Mitwirkungsrechte von Beteiligten, Hamm FF 20, 319 f, bspw durch Entscheidung vor Ablauf einer Frist zur Stellungnahme, AG Mannheim MDR 23, 187). Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden scheiden aus (Einzelfälle bei Holzer ZNotP 18, 94, 97 mwN). Kann jedoch ein Beteiligter den nachvollziehbaren Anschein gewinnen, die Gerichtsperson übergehe sein Anliegen oder nehme es zwar zur Kenntnis, lehne es aber ohne nähere Prüfung bzw ungeachtet der vorgetragenen Begründung ab, besteht die Besorgnis der Befangenheit, wenn die von der Gerichtsperson mitgeteilten Gründe ganz und gar unhaltbar sind oder sie keine Gründe angibt und daraus auf eine rechtsfeindliche oder wenigstens rechtsschutzfeindliche Gesinnung gegenüber einem Beteiligten geschlossen werden kann (Brandbg FamRZ 19, 1796 f). Das kann bei häufigen oder besonders groben Verfahrensverstößen der Fall sein, bspw bei unzulässiger Selbstenscheidung über einen Befangenheitsantrag oder dem Beharren auf einer rechtlich grob falschen Position (Celle v 5.5.22 – 10 WF 51/22, juris). Sachlich fehlerhafte Entscheidungen für eine Partei oder Verfahrensverstöße reichen dafür nicht aus (Frankf v 17.3.22 – 3 UF 215/21, juris).
III. Ablehnung der Gerichtsperson.
Rn 17
Alle Beteiligten (§ 7 FamFG oder Sonderregelungen wie §§ 412, 418) können eine Gerichtsperson ablehnen, wenn diese zweifelsfrei bestimmbar ist. Der durch ein zu korrigierendes Redaktionsversehen ›vergessene‹ Ablehnungsgrund in Abs 1 S 2 kann dabei ebenfalls zur Anwendung kommen (Holzer ZNotP 18, 94, 97).
Rn 18
Das Ablehnungsgesuch muss nach § 44 Abs 1 ZPO bei dem Gericht, dem die Gerichtsperson angehört, (auch zusammen mit einer Beschwerde gegen die Ablehnungsentscheidung, BGH FGPrax 22, 124) eingereicht oder zu Protokoll erklärt werden und ist zu begründen, wobei die die Ablehnung tragenden Tatsachen glaubhaft zu machen sind (§§ 44 Abs 2, 1. HS, 284 ZPO). Dies darf nicht durch eidesstattliche Versicherung des Antragstellers erfolgen (Kobl MDR 23, 2338). Hat sich der Beteiligte rügelos eingelassen oder Anträge gestellt (§ 43 ZPO), ist nach § 44 Abs 4 ZPO iVm § 284 ZPO glaubhaft zu machen, dass der Ablehnungsgrund erst später entstanden oder dem Beteiligten bekannt geworden ist.
IV. Weiteres Verfahren.
Rn 19
Die abgelehnte Gerichtsperson hat sich dienstlich zu äußern (§ 44 Abs 3 ZPO). Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, dem die abgelehnte Gerichtsperson angehört, ohne deren Mitwirkung (§ 45 Abs 1 ZPO). Bei der Ablehnung einer Gerichtsperson des AG entscheidet ein anderer Entscheidungsträger dieses Gerichts (§§ 45 Abs 2 S 1, 49 ZPO). Wird der Rechtspfleger abgelehnt, entscheidet der Vertreter; nur bei Zweifeln erfolgt eine Vorlage an den Richter (§§ 48 ZPO, 10 S 2, 28 RpflG). Bei einem offensichtlich unzulässigen Ablehnungsgesuch kann die abgelehnte Gerichtsperson über dieses (mit-)entscheiden.
V. Rechtsmittel.
Rn 20
Nach Abs 2 ist gegen den Beschluss, der das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt, die sofortige Beschwerde entsprechend §§ 567–572 ZPO statthaft (Holzer ZNotP 18, 94, 98).