Rn 4

Erforderlich ist ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtsverletzung durch die Entscheidung der unteren Instanz. Dieses liegt nicht per se bei jeder Rechtsverletzung vor. Vielmehr ergibt sich aus den Regelbeispielen nach II das Hinzutreten besonderer Anforderungen. Die Rechtsverletzung muss sich tiefgreifend auf die Grundrechte des Betroffenen ausgewirkt haben oder eine erneute rechtsverletzende gerichtliche Entscheidung muss ggü dem Betroffenen konkret zu erwarten sein oder es muss eine diesen Regelbeispielen vergleichbare Konstellation vorliegen. Da ein berechtigtes Interesse das Ziel der Beseitigung einer fortwirkenden Beeinträchtigung erfordert (BVerfG NJW 02, 2456), ist für die Feststellung kein Raum, wenn das Vorliegen des Rechtsfehlers noch vor Eintritt der Erledigung jedenfalls inzident festgestellt worden ist. Das ist auch dann zu bejahen, wenn das Beschwerdegericht einen Verfahrensfehler erkannt u geheilt hat (BGH FamRZ 15, 2050). § 62 FamFG setzt als maßgebende Grundlage für die Bejahung eines Feststellungsinteresses eine höchstpersönliche Eingriffsrichtung voraus, weshalb die Kostenlast – unabhängig v der Möglichkeit der Beschränkung des Rechtsmittels auf den Kostenpunkt (s Rn 2) – kein berechtigtes Interesse begründet (Rostock FamRZ 17, 619). Als schwerwiegende Grundrechtseingriffe kommen in Familiensachen Entscheidungen, die den Betroffenen aus seiner Wohnung verweisen (München FamRZ 10, 1755), nicht jedoch bloße Näherungsverbote (Rostock FamRZ 17, 619), in Betracht, ebenso schwerwiegende Eingriffe in das Sorge- u Umgangsrecht (BVerfG FamRZ 08, 2258). Letzteres wurde verneint bei der Bestellung eines Ergänzungspflegers zur Entscheidung über das Aussageverweigerungsrecht des Kindes (Ddorf FamRZ 11, 921), der rechtswidrigen Regelung bzw Versagung eines konkreten Feiertag-/Ferienumgangs (Kobl Kobl 23.2.21 – 11 UF 704/20 – juris) u der Ablehnung eines Auskunftsanspruchs nach § 1686 BGB (Stuttg FamRZ 14, 234). Bei gravierenden grundrechtsrelevanten Verfahrensfehlern (zB Verstoß gg Anhörungspflichten) soll keine materielle Rechtswidrigkeit erforderlich sein (Karlsr FamRZ 22, 1959). Ein besonderes Interesse an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Vollstreckungsmaßnahme (zur generellen Frage der Anwendbarkeit v § 62 hier s.o. Rn 2) soll voraussetzen, dass die Vollstreckung vor der Erledigung auch vollzogen wurde (Brandbg FamRZ 13, 802).

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