Gesetzestext
Beteiligtenfähig sind
1. |
natürliche und juristische Personen, |
2. |
Vereinigungen, Personengruppen und Einrichtungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann, |
3. |
Behörden. |
A. Zweck der Vorschrift.
Rn 1
Die Bestimmung regelt die Frage, wer Beteiligter iSd § 7 sein kann.
B. Geltungsbereich.
Rn 2
§ 8 gilt in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und in Familiensachen, nicht aber in Ehe- und Familienstreitsachen (§ 113 Abs 1 S 1).
C. Beteiligtenfähigkeit.
I. Natürliche Personen (Nr 1).
Rn 3
Nach Nr 1 sind natürliche Personen beteiligtenfähig, auch wenn sie abwesend sind oder eine Pflegschaft besteht (zB nach § 1913 BGB aF bzw § 1882 BGB nF). Der nasciturus ist nach § 1923 Abs 2 BGB erbfähig, jedoch nicht beteiligtenfähig iSd Nr 1 (Holzer/Holzer § 8 Rz 3).
II. Juristische Personen (Nr 1).
Rn 4
Beteiligtenfähig sind juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich öffentlich-rechtlicher Körperschaften sowie juristische Personen des Privatrechts (GmbH, AG, KGaA, Genossenschaft, VVaG). Juristische Personen mit dem Verwaltungssitz in anderen Staaten der EU wie etwa (vor dem Brexit) die ›Limited‹ nach englischem Recht sind zumindest dann beteiligtenfähig, wenn sie eine inländische Zweigniederlassung nach § 13d HGB haben (dazu Hügel/Holzer § 1 Rz 49). Bei anderen ausländischen Gesellschaften ist für die Beurteilung der Rechtsfähigkeit das Recht des Verwaltungssitzes maßgebend; bei US-amerikanischen Gesellschaften gilt aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen jedoch das Recht des Gründungsstaats (Spindler NZG 20, 841, 847).
III. Vereinigungen, Personengruppen und Einrichtungen (Nr 2).
Rn 5
Nach Nr 2 sind auch nicht rechtsfähige Vereine, denen das Gesetz Rechte zuerkennt (zB Gewerkschaften gem §§ 98 ff AktG) sowie die GbR beteiligtenfähig (Begr zu § 8 RegE in BTDrs 16/6308, 180). Der Gesetzgeber folgt bei Letzterer der sog. ›Gruppen-Lehre‹, die an das tatsächliche Auftreten bestimmter Wirkungseinheiten im Rechtsverkehr anknüpft. Auch altrechtliche Vereinigungen bzw Korporationen sind beteiligtenfähig (dazu Holzer MittBayNot 18, 108), nicht aber die als Gesamthandsgemeinschaft nicht rechtsfähige Erbengemeinschaft (Stuttg MDR 19, 45 [BGH 18.09.2018 - II ZR 152/17]).
Rn 6
Beteiligtenfähig sind auch Einrichtungen, denen das Gesetz Rechte zuerkennt (zB nach §§ 310, 313 Abs 3, 315 Abs 4 Nr 3, 325 Abs 2, 329 Abs 2 S 2, 335 Abs 1 Nr 3, 338, 415 Abs 2, 416 S 2, 424 Abs 1 S 2, 429 Abs 4, 431 S 2 solche Institutionen, in denen der Betroffene im Unterbringungs- oder Freiheitsentziehungsverfahren untergebracht ist, wobei es auf die Rechtsform der Einrichtung nicht ankommt). Ist der Betroffene in einer staatlichen JVA untergebracht, handelt es sich nicht um eine Einrichtung, sondern um eine Behörde.
IV. Behörden (Nr 3).
Rn 7
Behörden ohne eigene Rechtspersönlichkeit sind beteiligtenfähig, soweit sie ein eigenes Antragsrecht haben (Begr zu § 8 RegE in BTDrs 16/6308, 180). Als Behörde ist eine Amtsstelle zu verstehen, die unabhängig von der Tätigkeit natürlicher Personen besteht, nach öffentlichem Recht organisiert ist und Geschäfte innerhalb des Funktionskreises des Amts besorgt, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Handlungen hoheitlicher Natur sind oder die Stelle selbst rechtsfähig ist (BGHZ 31, 92 ff). Behörden sind daher Gemeinden, Landratsämter, Jugendämter, staatlich geführte JVA und berufsständische Organe iSd § 380 (IHK, Handwerkskammer).