Gesetzestext

 

(1) Das Gericht wird in Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet werden können, von Amts wegen tätig und bestimmt die im Fall der Zuwiderhandlung vorzunehmenden Vollstreckungsmaßnahmen. Der Berechtigte kann die Vornahme von Vollstreckungshandlungen beantragen; entspricht das Gericht dem Antrag nicht, entscheidet es durch Beschluss.

(2) Die Vollstreckung darf nur beginnen, wenn der Beschluss bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.

(3) Der Gerichtsvollzieher ist befugt, ein Auskunfts- und Unterstützungsersuchen nach § 757a der Zivilprozessordnung zu stellen. § 758 Abs. 1 und 2 sowie die §§ 759 bis 763 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Ein Beschluss, der im Vollstreckungsverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(5) Für die Kostenentscheidung gelten die §§ 80 bis 82 und 84 entsprechend.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

§ 87 enthält mehrere unterschiedliche Regelungen über die Durchführung des Vollstreckungsverfahrens. Abs 1 befasst sich mit der Einleitung von Verfahren vAw. Abs 2 stellt Voraussetzungen für den Vollstreckungsbeginn auf. Abs 3 regelt die Befugnisse des Gerichtsvollziehers im Rahmen der Vollstreckung und Abs 4 die Beschwerdemöglichkeit gegen gerichtliche Entscheidungen im Vollstreckungsverfahren. Abs 5 beschäftigt sich schließlich mit den Kosten der Vollstreckung.

B. Verfahren von Amts wegen (Abs 1).

 

Rn 2

Das Vollstreckungsverfahren ist ein eigenständiges, von der Hauptsache getrenntes Verfahren (BGH FamRZ 90, 35, 36). Mit der Festsetzung eines Ordnungsmittels endet das Vollstreckungsverfahren, weshalb eine wiederholte Anordnung von Ordnungsmitteln nur in einem jew neuen Vollstreckungsverfahren in Betracht kommt (BVerfG FamRZ 20, 776). Für die Vollstreckung einer getroffenen Anordnung ist zwar grds das entscheidende Gericht selbst sachlich und örtlich zuständig. Eine abweichende örtliche Zuständigkeit kann sich aber bspw aus § 88 I ergeben, wenn die Herausgabe einer Person oder eine Umgangsregelung vollstreckt werden soll und die betroffene Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Gerichtsbezirk hat. Auch kann das Gericht, das die Maßnahme angeordnet hat, unter den Voraussetzungen des § 4 die Vollstreckung der Maßnahme an ein anderes Gericht abgeben.

 

Rn 3

§ 87 I betrifft speziell Verfahren, die in der Hauptsache von Amts wegen eingeleitet werden können. Bei solchen Verfahren bedarf auch die Einleitung des Vollstreckungsverfahrens keines Antrags des Berechtigten, sondern kann ebenfalls vAw erfolgen. Bei Zuwiderhandlungen bestimmt das Gericht die erforderlichen Vollstreckungsmaßnahmen, bspw die Festsetzung von Ordnungsgeld oder die Anordnung der Herausgabe einer Person.

 

Rn 4

Wird das Gericht in einem Amtsverfahren nicht von sich aus tätig, kann der Berechtigte ein Tätigwerden des Gerichts nach § 87 I 2 beantragen. Will das Gericht dem Antrag nicht entsprechen, muss es einen Beschluss erlassen, den der Berechtigte mit der sofortigen Beschwerde nach § 87 IV angreifen kann. Auch das Jugendamt kann als ›Berechtigter‹ eine sofortige Beschwerde einlegen, wenn es zum Schutze des Kindeswohls am Verfahren teilnimmt (BeckOKFamFG/Sieghörtner Rz 3).

C. Vollstreckungsbeginn (Abs 2).

 

Rn 5

§ 87 II stellt den auch aus der ZPO (§ 750 I ZPO) bekannten Grundsatz auf, dass erst nach oder gleichzeitig mit der Zustellung der Entscheidung an den Betroffenen vollstreckt werden kann. Hierdurch soll das rechtliche Gehör auch in der Zwangsvollstreckung gewahrt werden (BVerfG NJW 92, 224). Von diesem Grundsatz finden sich im FamFG jedoch mehrere Ausnahmen (vgl §§ 53 II 1, 209 III 1, 214 II aE, 216 II 1). Bei Ehewohnungssachen genügt eine Zustellung auch als Voraussetzung für mehrere künftige Vollstreckungsmaßnahmen (§ 96 II).

 

Rn 6

Entgegen des missverständlichen Wortlauts findet § 87 II nicht nur für Beschlüsse iSd § 86 I Nr 1 Anwendung, sondern für alle vollstreckbaren Titel, also auch für Vergleiche und vollstreckbare Urkunden (Hambg NZFam 19, 730, 731). Die Zustellung, auch dieser anderen Titel, erfolgt dabei förmlich durch das entscheidende Gericht vAw nach §§ 41 I, 15 II (1. Alt) FamFG iVm §§ 166 ff ZPO (Brandbg NZFam 19, 542; KG FamRZ 20, 852, 853; Cirullies NZFam 19, 730, 733 mwN; aA für den Vergleich Hambg NZFam 19, 730, 731f). Bei einem gerichtlich gebilligten Vergleich sind sowohl der Vergleich selbst als auch der gerichtliche Billigungsbeschluss zuzustellen (KG FamRZ 20, 852, 853). Eine Aufgabe des Titels bei der Post reicht nicht, da insoweit der für eine Vollstreckung erforderliche urkundliche Nachweis fehlt (Keidel/Giers Rz 12). Die Zustellung kann jederzeit nachgeholt werden. Ordnungsmittel greifen aber erst bei Verstößen, die nach einer formgemäßen Zustellung des Titels begangen wurden (KG FamRZ 20, 852, 853).

D. Befugnisse des Gerichtsvollziehers (Abs 3).

 

Rn 7

Ist für die Vollstreckung einer Entscheidung der Gerichtsvollzieher funktional zuständig, werden seine Befugnisse im Rahmen der Zwangsvollstreckung durch Abs 3 genauer bestimmt. Der neue § 757a ZPO, der in Abs 3 S 1 in Bezug genommen wird, erweitert die Möglichkeiten von...

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