1. Geschäftsprüfung und Berichtspflichten.
Rn 14
Im Zusammenhang mit den – vorbehaltlich weiter gehender disziplinarer Ahndungsmöglichkeiten – in § 26 II DRiG vorgesehenen Maßnahmen des Vorhalts und der Ermahnung spricht der Gesetzgeber insb die ›unverzögerte Erledigung der Amtsgeschäfte‹ an. Die Dienstaufsicht über Richter (zur Frage der Übertragbarkeit dienstaufsichtlicher Befugnisse auf oberste Landesbehörden BGH DRiZ 02, 14, BVerfGE 38, 139) als Pflicht verstanden (dazu BGH DRiZ 91, 20) erfordert daher auch ggü Richtern eine Beobachtung von Geschäftsabläufen in regelmäßigen Zeitabständen oder aus besonderem Anlass. Die Dienstaufsicht führenden Stellen dürfen iR dieser heute durch EDV-Einsatz wesentlich erleichterten ›Beobachtungsfunktion‹ nach der Rspr die betroffenen Richter auch um einen Bericht über die Bearbeitung der ihnen übertragenen Verfahren bitten (BGHZ 112, 189, DRiZ 78, 185). Derartige ›Abfragen‹, die keiner vorherigen Ankündigung bedürfen, sollen Klarheit darüber verschaffen, ob bei Missständen im Einzelfall organisatorische Entlastungsmaßnahmen oder aber gezielte dienstaufsichtliche Maßnahmen geboten sind. Bei letzteren ist wiederum die richterliche Unabhängigkeit zu beachten (§ 26 I DRiG). Daraus wird gefolgert, dass durch die genannte Berichtspflicht über ›Arbeitsreste‹, deren Anwendung anders als die in § 26 II DRiG genannten Maßnahmen grds noch keine Bewertung enthält, weder ein unzulässiger Einfluss auf die Entscheidung des Richters über die Reihenfolge der Bearbeitung seiner Dienstgeschäfte genommen oder auch kein ›unzulässiger Erledigungsdruck‹ ausgeübt werden darf (BGH Urt v 3.11.04 – RiZ [R] 5/03, NJW 88, 419 [BGH 16.09.1987 - RiZ (R) 4/87]; MDR 87, 319). Deswegen stellt ein Vorhalt (§ 26 II DRiG) von Rückständen als solcher auch noch keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar; etwas anderes gilt erst, wenn dem Richter durch solche ›Abfragen‹ indirekt ein bestimmtes Erledigungspensum abverlangt wird, das sich sachgerecht nicht mehr bewältigen lässt (BGH Urt v 3.12.09 – RiZ [R] 1/09, DRiZ 07, 143 [BGH 08.11.2006 - RiZ(R) 2/05], NJW 06, 692 [BGH 05.10.2005 - RiZ(R) 5/04]) oder wenn der Dienstvorgesetzte bemängelt, dass der Richter seiner Aufforderung zur Abhaltung mehr als eines Sitzungstages pro Woche nicht nachgekommen sei (BGH NJW 88, 421 [BGH 16.09.1987 - RiZ (R) 5/87]). Die Befugnisse der Dienstaufsicht (§ 26 I DRiG) werden nicht überschritten, wenn der Richter im Vorfeld einer regelmäßigen ›Dienstnachschau‹ neben einer Meldung sog ›überjähriger‹ Verfahren um eine kurze Angabe der Gründe für die bisherige Nichterledigung gebeten wird (zur sog ›Vorberichtspflicht‹ BGH DRiZ 91, 20). Dies dürfte im Zusammenhang mit der eingangs erwähnten Einführung von Schadensersatzansprüchen bei ›überlanger‹ Verfahrensdauer (§ 198 I GVG, Vor § 1 Rn 2) gesteigerte Bedeutung erlangen. Zu den Pflichten eines Richters gehört ggf auch eine rechtzeitige Überlastungsanzeige (BVerfG NJW 12, 2334 [BVerfG 23.05.2012 - 2 BvR 610/12; 2 BvR 625/12]); deren Unterbleiben kann ihm daher später grds vorgehalten werden. IR einer Geschäftsprüfung des richterlichen Dienstes unter Vorlage von Akten anhängiger Verfahren (zu Zulässigkeit und Grenzen BGH DRiZ 87, 57) hat die Dienstaufsicht führende Stelle allerdings darauf zu achten, dass der Richter in seiner zum Kernbereich der richterlichen Unabhängigkeit gehörenden Sitzungsvorbereitung, insb beim vorbereitenden Studium der Prozessakten, nicht behindert wird.
2. Wirtschaftliche Betrachtungen.
Rn 15
Die Tätigkeit des Richters ist bei der gebotenen Beachtung seiner sachlichen Unabhängigkeit (§ 1 GVG) allenfalls in sehr eingeschränktem Maße und am Maßstab des Art 97 I GG sicher nicht in inhaltlicher Hinsicht den heute in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes ›zeitmodernen‹ betriebswirtschaftlichen Betrachtungen und den ursprünglich zur Effizienzsteigerung der Kommunalverwaltung entwickelten, an Kosten-Nutzen-Maßstäben orientierten ›Steuerungsmodellen‹ zugänglich (vgl hierzu etwa Papier, Die richterliche Unabhängigkeit und ihre Schranken, Festvortrag, im Internet unter: www.hefam.de/koll/pap200402.html). Ebenso wenig wie dem Richter im Wege einer Dienstaufsicht bestimmte Erledigungszahlen vorgegeben werden können, ist eine auf den Inhalt seiner Entscheidungen bezogene Anweisung zulässig, der Quantität des Arbeitsergebnisses auf Kosten einer von ihm persönlich angestrebten Qualität seiner Entscheidungen den Vorzug einzuräumen (vgl zu Grenzen einer ›Ökonomisierung‹ speziell sozialgerichtlicher Verfahren Berchthold NZS 11, 401). Das gilt auch angesichts nach Meinung der Dienstaufsicht im Einzelfall feststellbarer Neigung zu ›übertriebener Verwissenschaftlichung‹ von Entscheidungsinhalten.
3. Dienstliche Beurteilungen.
Rn 16
Zulässig ist es dagegen, iR dienstlicher Beurteilungen, die als solche ebenso wie der Erlass sog Beurteilungsrichtlinien verfassungsrechtlich (Art 97 GG) unbedenklich sind (BGH DRiZ 02, 14), eine vergleichende Betrachtung von Erledigungszahlen anzustellen, sofern die zugrunde liegenden Verfahren bei den Betroffenen in sachlicher Hinsicht t...