Gesetzestext
(1) 1Der Antrag auf Verweisung des Rechtsstreits an eine andere Kammer ist nur vor der Verhandlung des Antragstellers zur Sache zulässig. 2Ist dem Antragsteller vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung oder Berufungserwiderung gesetzt, so hat er den Antrag innerhalb der Frist zu stellen. 3§ 296 Abs. 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend; der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.
(2) 1Über den Antrag ist vorab zu entscheiden. 2Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.
A. Antragstellung.
Rn 1
Die Norm bezieht sich nur auf Verweisungsanträge, also auf §§ 97–100, nicht auf § 96 I. Der Antrag ist eine an das Gericht adressierte, prozessuale Willenserklärung, die allerdings nicht § 297 I ZPO zu genügen hat. Er kann mündlich gestellt werden (MüKoZPO/Pabst Rz 2) und ist widerruflich, solange über ihn noch nicht entschieden wurde (KG KGR 08, 963, 964). Eine möglichst ökonomische Klärung der Zuständigkeit zwingt, den Zeitpunkt für die Erklärung möglichst früh anzusiedeln. Wurde wie im Regelfall vom Gericht eine Erwiderungsfrist gesetzt, so muss der Antrag innerhalb der Frist gestellt werden (Abs 1 S 2). Bei Verlängerung genügt es, ihn innerhalb der verlängerten Frist zu stellen (München MDR 09, 946; KG ZInsO 18, 1807), doch wird das in der Instanz teilweise abweichend beurteilt (LG Heilbronn 03, 231 mit Anm Wilmerdinger; LG München I MDR 09, 647). – Ist eine Frist nicht gesetzt, so muss der Antrag vor der Verhandlung zur Sache gestellt werden. Es besteht Einigkeit, dass die Frage der Zuständigkeit der KfH so früh wie möglich zu klären ist. Entsprechend ist der Begriff ›vor der Verhandlung‹ auszulegen (Hambg NJW-RR 12, 634). Lediglich ein Antrag auf Vertagung wird als unschädlich angesehen (Zö/Lückemann Rz 1). Streitig ist schon die Frage, ob ein Ablehnungsantrag als Verhandlung zur Sache anzusehen ist (nein: Kissel/Mayer Rz 5; ja: BeckOKGVG/Pernice Rz 4). Ohne Zweifel führt jede Befassung mit Zuständigkeits- oder Zulässigkeitsfragen (Bremen MDR 80, 410), erst recht jede Erörterung der Sache selbst zum Verbrauch der Antragsmöglichkeit (Hambg NJW-RR 12, 634 [OLG Hamburg 02.11.2011 - 5 W 115/11]; dazu Schwenker IBR 12, 1269). Trotz der einschneidenden Folgen ist das Gericht nicht gehalten, über die Folgen einer Einlassung vorgehend zu belehren. Auch das Europarecht fordert keine solche Belehrung (Nordmeier/Schichmann GPR 15, 199, 203 m Fn 49). – Abs 1 S 3 gibt die Möglichkeit zur Entschuldigung entsprechend § 296 III ZPO. – Nicht gestellt werden kann der Antrag im Rahmen einer Schutzschrift. Diese setzt sich idR mit einem erwarteten Angriff auseinander, dessen Einzelheiten dem Beklagten noch nicht bekannt sind. Entsprechend ist die Tatsachengrundlage zu vage, um einem Antrag, auch wenn er formuliert ist, mehr als die Bedeutung einer Ankündigung beizumessen (Stuttg NJW-RR 18, 1313 unter Bezug auf BGH NJW 03, 1257 [BGH 13.02.2003 - I ZB 23/02], welche in einem gebührenrechtlichen Kontext steht; aA Heil WRP 14, 24).
B. Entscheidung über den Antrag.
Rn 2
Prüfung und Entscheidung der Anträge nach §§ 97 ff hat Vorrang vor allen anderen. Die Entscheidung setzt keine mündliche Verhandlung voraus. Eine ablehnende Entscheidung ist bindend (§ 102), und zwar regelmäßig auch für die nächste Instanz, § 513 II ZPO (Frankf WRP 19, 99; vgl BGHZ 2, 278; s.a. § 72a Rn 2j).